| Für nach 2024 ausgeführte Umsätze gilt die obligatorische elektronische Rechnung (kurz E-Rechnung)bei Umsätzen zwischen inländischen Unternehmern. Bereits im Juni 2024 hatte das Bundesfinanzministerium ein Anwendungsschreiben im Entwurf veröffentlicht und den Verbänden mit der Gelegenheit zur Stellungnahme übersandt. Nun liegt das finale Schreiben mit 18 Seiten vor. |
Allgemeines und Übergangsregelungen
Durch das Wachstumschancengesetz (BGBl I 2024, Nr. 108) wurden die Regelungen zur Ausstellung von Rechnungen nach § 14 Umsatzsteuergesetz (UStG) für nach 2024 ausgeführte Umsätze neu gefasst. Kernpunkt der Neuregelung: Die obligatorische E-Rechnung bei Umsätzen zwischen inländischen Unternehmern (inländische B2B-Umsätze).
Ausgenommen sind Rechnungen über Leistungen, die nach § 4 Nr. 8 bis 29 UStG steuerfrei sind, sowie Rechnungen über Kleinbeträge bis 250 EUR (§ 33 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV)) und Fahrausweise (§ 34 UStDV).
Da die Umsetzung einige Zeit beanspruchen wird, sind nach den Vorgaben des § 27 UStG Übergangsregeln nutzbar:
Der allgemeine Übergangszeitraum beträgt zwei Jahre (Pflicht somit ab 2027).
Drei Jahre gelten für Unternehmer mit einem Gesamtumsatz von bis zu 800.000 EUR im Jahr 2026.
MERKE | Hinsichtlich des Empfangs einer E-Rechnung gilt allerdings keine Übergangsregelung, er ist somit vom 1.1.2025 an durch den Rechnungsempfänger zu gewährleisten. Hierfür reicht es aus, wenn der Empfänger ein E-Mail-Postfach zur Verfügung stellt.
Dabei ist es nicht erforderlich, dass es sich um ein gesondertes E-Mail-Postfach nur für den Empfang von E-Rechnungen handelt. Die Beteiligten können abweichend hiervon auch andere zulässige Übermittlungswege vereinbaren.
Ausgewählte Aspekte und Nachbesserungen zum Entwurf
Das Bundesfinanzministerium widmet sich sehr ausführlich der Frage nach den zulässigen Formaten. Generell gilt: E-Rechnungen können sowohl in einem rein strukturierten als auch in einem hybriden Format erstellt werden.
Ein zulässiges elektronisches Rechnungsformat muss vor allem gewährleisten, dass die Rechnungsangaben nach §§ 14, 14a UStG elektronisch übermittelt und ausgelesen werden können. Die Verwendung von strukturierten Formaten, die der Normenreihe EN 16931 entsprechen, ist immer zulässig.
Als Beispiele für zulässige nationale elektronische Rechnungsformate nennt das Bundesfinanzministerium Rechnungen nach dem Standard XRechnung und nach dem ZUGFeRD-Format ab der Version 2.0.1 (ausgenommen die Profile MINIMUM und BA-SIC-WL).
Beachten Sie | Auch europäische Formate sind zulässig, z. B. Factur-X (Frankreich).
Auf welches zulässige elektronische Rechnungsformat und welchen zulässigen Übermittlungsweg sich die Vertragsparteien einigen, ist zivilrechtlich zwischen ihnen zu klären. Für die Übermittlung von E-Rechnungen kommen z. B. der Versand per E-Mail (Achtung: Eine PDF ist keine E-Rechnung), die Bereitstellung der Daten mittels einer elektronischen Schnittstelle, der gemeinsame Zugriff auf einen zentralen Speicherort innerhalb eines Konzernverbundes oder die Möglichkeit des Downloads über ein Internetportal in Betracht.
Beachten Sie | Der Deutsche Steuerberaterverband (DStV) begrüßt, dass das Schreiben keine unnötigen Beschränkungen der Übermittlungswege mehr enthält. So ist etwa die noch im Entwurfsschreiben vorgesehene Maßgabe, dass ein USB-Stick kein zulässiger Weg ist, entfallen.
Darüber hinaus hat der DStV insbesondere folgende Anpassungen ausdrücklich positiv hervorgehoben:
Vor dem 1.1.2027 ausgestellte Dauerrechnungen in Papierform oder als PDF behalten ihre Gültigkeit. Sie müssen entgegen dem Entwurf erst als E-Rechnung ausgestellt werden, wenn sich die Rechnungsangaben ändern.
Bis zum Ablauf der Übergangsfristen zur Einführung der E-Rechnung können Unternehmer ihre Leistungen auch mit einer sonstigen Rechnung abrechnen (Papier, PDF- oder Worddatei). Muss diese Rechnung später korrigiert werden, kann dies in dem sonstigen Format erfolgen. Eine Pflicht zur Rechnungskorrektur mittels E-Rechnung besteht somit nur für Leistungen, die ohnehin mittels E-Rechnung abzurechnen sind.
Beachten Sie | Nach dem BMF-Schreiben betrifft die Pflicht zur Ausstellung von E-Rechnungen auch umsatzsteuerliche Kleinunternehmer (§ 19 UStG). Durch das Jahressteuergesetz 2024 (Zustimmung des Bundesrats ist für den 22.11.2024 anvisiert) soll diese Verpflichtung aber aufgehoben werden.
Quelle | BMF-Schreiben vom 15.10.2024, Az. III C 2 – S 7287-a/23/10001 :007, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 244405; DStV, Mitteilung vom 16.10.2024: „Finales BMF-Schreiben zur E-Rechnung: auch DStV-Anregungen wurden umgesetzt“
19. November 2024
von MargitSchunke Kommentare deaktiviert für Hinweise zum Jahresende 2024
| In den vergangenen Wochen und Monaten haben viele Immobilien-Eigentümer vom Finanzamt den Bescheid über die Feststellung des Grundsteuerwerts und den Bescheid über die Festsetzung des Grundsteuermessbetrags für ihren Grundbesitz erhalten. Ab 1.1.2025 wird die Grundsteuer dann auf Grundlage der neuen Regeln und der neuen Hebesätze der Gemeinden erhoben. |
Die ab 2025 zu zahlende Grundsteuer ergibt sich aus dem Grundsteuerbescheid der Gemeinde. Die Ermittlung ist vergleichsweise einfach: Der Grundsteuermessbetrag wird mit dem Hebesatz, der von der Stadt bzw. der Gemeinde neu festgelegt wird, multipliziert.
Beispiel
Der Grundsteuermessbetrag beträgt 270 EUR. Hat die jeweilige Gemeinde nun einen neuen Hebesatz von 480 % beschlossen, ergibt sich daraus eine Jahres-Grundsteuer i. H. von 1.296 EUR.
Weiterführende Hinweise zur neuen Grundsteuer hat das Bundesfinanzministerium unter www.iww.de/s8767 in einem Fragen-Antworten-Katalog zusammengestellt.
Hintergrund und Ausblick
Der Gesetzgeber musste die Grundsteuer reformieren, weil das Bundesverfassungsgericht die bisherigen Vorschriften als verfassungswidrig eingestuft hat. Im Rahmen der Reform hatten die jeweiligen Bundesländer aufgrund einer Öffnungsklausel im Grundgesetz die Möglichkeit, eigene länderspezifische Regelungen zu entwickeln. Davon haben beispielsweise Baden-Württemberg und Bayern Gebrauch gemacht.
Beachten Sie | Doch auch die neuen Grundsteuermodelle werden mitunter kritisiert bzw. es werden verfassungsrechtliche Zweifel geltend gemacht. Ob dies jedoch zutreffend ist, wird wohl (erneut) das Bundesverfassungsgericht entscheiden müssen.
| Im Privatbereich kommt es vor allem auf die persönlichen Verhältnisse an, ob Ausgaben vorgezogen oder in das Jahr 2025 verlagert werden sollten. Eine Verlagerung kommt bei Sonderausgaben (z. B. Spenden) oder außergewöhnlichen Belastungen (z. B. Arzneimittel) in Betracht. Bei außergewöhnlichen Belastungen sollte man die zumutbare Eigenbelastung im Blick haben, deren Höhe vom Gesamtbetrag der Einkünfte, Familienstand und der Kinderanzahl abhängt. |
PRAXISTIPP | Ist abzusehen, dass die zumutbare Eigenbelastung in 2024 nicht überschritten wird, sollten offene Rechnungen (nach Möglichkeit) erst in 2025 beglichen werden. Ein Vorziehen lohnt sich, wenn in 2024 bereits hohe Aufwendungen getätigt wurden.
In die Überlegungen sind auch vorhandene Verlustvorträge einzubeziehen, die Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen eventuell wirkungslos verpuffen lassen.
Ist der Höchstbetrag bei Handwerkerleistungen (20 % der Lohnkosten, maximal 1.200 EUR) erreicht, sollten Rechnungen nach Möglichkeit erst in 2025 beglichen werden. Dasselbe gilt, wenn in 2024 z. B. wegen Verlusten aus einer selbstständigen Tätigkeit keine Einkommensteuer anfällt. Denn dann kann kein Abzug von der Steuerschuld vorgenommen werden. Ein Vor- oder Rücktrag der Steuerermäßigung ist nicht möglich.
Bei Handwerkerleistungen können Vorauszahlungen nur steuerlich berücksichtigt werden, wenn sie marktüblich sind. Eine Anzahlung ohne Rechnung und ohne Aufforderung des Leistungserbringers ist dies nicht (FG Düsseldorf, Urteil vom 18.7.2024, Az. 14 K 1966/23 E).
| Bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ist primär auf die Einkünfteverlagerung hinzuweisen, also z. B. auf die Zahlung anstehender Reparaturen noch im laufenden Jahr. Darüber hinaus sind u. a. folgende Punkte zu beachten: |
Größerer Erhaltungsaufwand
Sofern in 2024 größere Erhaltungsaufwendungen vorliegen, dürfen diese grundsätzlich auf zwei bis fünf Jahre gleichmäßig verteilt werden, was zur längerfristigen Progressionsminderung sinnvoll sein kann. Die Verteilung ist zulässig für Gebäude im Privatvermögen, die überwiegend Wohnzwecken dienen.
Anschaffungsnahe Herstellungskosten
In der Praxis ist die „Steuerfalle“ der anschaffungsnahen Herstellungskosten zu beachten. Denn Investitionen innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung können, wenn sie 15 % der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen, nicht mehr als sofort abziehbare Werbungskosten berücksichtigt werden. Die Aufwendungen wirken sich dann „nur“ über die langjährige Gebäude-Abschreibung aus.
PRAXISTIPP | Um den sofortigen Werbungskostenabzug zu sichern, kann es ratsam sein, die 15 %-Grenze innerhalb der Drei-Jahres-Frist durch zeitliche Verschiebung der Maßnahmen zu unterschreiten.
Verbilligte Vermietung
Gerade wenn eine Immobilie an nahe Angehörige zu Wohnzwecken überlassen wird, liegt das Entgelt häufig unterhalb der ortsüblichen Miete. Um sich in diesen Fällen dennoch den vollen Werbungskostenabzug zu sichern, sind folgende Punkte zu beachten:
Beträgt die vereinbarte Miete weniger als 50 % der ortsüblichen Miete, ist die Nutzungsüberlassung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen. Dies hat zur Folge, dass nur die auf den entgeltlich überlassenen Teil entfallenden Aufwendungen als Werbungskosten abziehbar sind.
Beträgt das Entgelt mindestens 66 % der ortsüblichen Miete, gilt die Wohnungsüberlassung als entgeltlich, sodass die mit der Wohnungsüberlassung zusammenhängenden Kosten in vollem Umfang abziehbar sind.
Bei einer Nutzungsüberlassung zu mindestens 50 %, aber weniger als 66 % der ortsüblichen Miete, ist ein ungekürzter Werbungskostenabzug nur dann möglich, wenn sich bei einer Totalüberschussprognose auf Dauer ein Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten ergibt. Ist dies nicht der Fall, ist ein Werbungskostenabzug nur entsprechend dem entgeltlichen Anteil der Vermietung möglich.
Beachten Sie | Bei Vergleich der vereinbarten Miete mit der ortsüblichen Miete ist die Kaltmiete zuzüglich der umlagefähigen Betriebskosten, also die ortsübliche Warmmiete maßgebend.
MERKE | Durch den fortschreitenden Mietniveauanstieg muss die Grenze von 66 % im Auge behalten werden. Wird die Grenze unterschritten, sollte die Miete angepasst werden, um den vollen Werbungskostenabzug weiter zu sichern.
Freistellungsaufträge, Verlustverrechnung und Vorabpauschale bei Investmentfonds
| Kapitalanleger sollten ihre erteilten Freistellungsaufträge dahin gehend überprüfen, ob die vom Steuerabzug freigestellten Beträge noch optimal aufgeteilt sind oder ob eine neue Aufteilung sinnvoll erscheint. |
Der Sparer-Pauschbetrag (1.000 EUR bzw. 2.000 EUR bei zusammenveranlagten Ehegatten) wird von den Banken beim Steuerabzug nicht automatisch berücksichtigt. Hierzu ist es erforderlich, dass ein Freistellungsauftrag erteilt wird. Dieser kann nicht nur über die gesamte Höhe des Sparer-Pauschbetrags erteilt, sondern auch auf mehrere Kreditinstitute aufgeteilt werden.
Verlustverrechnung
Hat ein Anleger bei einer Bank einen Verlust erzielt und bei einer anderen Bank positive Einkünfte erwirtschaftet, ist eine Verrechnung zwischen den Banken nicht möglich. In diesen Fällen gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten.
Wird von dem Kapitalanleger nichts veranlasst, trägt die Bank den Verlust auf das nächste Jahr vor. Stellt der Steuerpflichtige hingegen bis zum 15.12. des jeweiligen Jahres bei dem Kreditinstitut, bei dem sich der Verlustverrechnungstopf befindet, einen Antrag auf Verlustbescheinigung, kann er bei der Einkommensteuerveranlagung eine Verlustverrechnung vornehmen. Der Verlust wird dann aus dem Verrechnungstopf der Bank herausgenommen.
MERKE | Verluste aus der Veräußerung von Aktien dürfen nicht mit anderen positiven Einkünften aus Kapitalvermögen ausgeglichen werden, sondern nur mit Gewinnen, die aus der Veräußerung von Aktien entstehen. Zur Rechtmäßigkeit dieser Beschränkung ist seit über drei Jahren ein Verfahren beim Bundesverfassungsgericht anhängig (Az. 2 BvL 3/21).
Und auch bei der Verlustverrechnungsbeschränkung bei Termingeschäften (§ 20 Abs. 6 S. 5 Einkommensteuergesetz) ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Der Bundesfinanzhof hat in einem Aussetzungsverfahren erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit geäußert (BFH, Beschluss vom 7.6.2024, Az. VIII B 113/23). Zudem ist die Revision (BFH: Az. VIII R 11/24) in einem Hauptverfahren anhängig.
Vorabpauschale bei Investmentfonds
Wer in Investmentfonds (beispielsweise ETFs = Exchange-Traded Funds) investiert, sollte am 2.1.2025 für genügend Liquidität auf dem Verrechnungskonto sorgen. Denn an diesem Tag wird die Vorabpauschale fällig.
Hintergrund
Die Vorabpauschale ist nach § 18 Abs. 1 des Investmentsteuergesetzes (InvStG) der Betrag, um den die Ausschüttungen eines Investmentfonds innerhalb eines Kalenderjahres den Basisertrag für dieses Kalenderjahr unterschreiten. Die Vorabpauschale gilt beim Kapitalanleger am ersten Werktag des folgenden Kalenderjahres als zugeflossen (§ 18 Abs. 3 InvStG).
Der Basiszins ist aus der langfristig erzielbaren Rendite öffentlicher Anleihen abzuleiten. Dabei ist auf den Zinssatz abzustellen, den die Deutsche Bundesbank anhand der Zinsstrukturdaten jeweils auf den ersten Börsentag des Jahres errechnet.
Das Bundesfinanzministerium muss den maßgebenden Zinssatz im Bundessteuerblatt veröffentlichen. Der Basiszins zur Berechnung der Vorabpauschale für 2024 beträgt 2,29 % (BMF-Schreiben vom 5.1.2024, Az. IV C 1 – S 1980-1/19/10038 :008) und gilt damit für die am ersten Werktag des Jahres 2025 für das Jahr 2024 zu ermittelnde Vorabpauschale.
Beachten Sie | Ob es infolge der Vorabpauschale tatsächlich zu einer Steuerbelastung kommt, hängt von mehreren Faktoren ab, beispielsweise ist ein erteilter Freistellungsauftrag zu berücksichtigen.
Eine Steuerbelastung setzt ferner vor-aus, dass der Basiszins positiv ist. Aufgrund des negativen Basiszinses für 2021 und für 2022 wurde insoweit auch keine Vorabpauschale erhoben.
Ab 2025: Unternehmen müssen E-Rechnungen empfangen können
| Für nach 2024 ausgeführte Umsätze ist eine wichtige Neuregelung zu beachten: Die obligatorische elektronische Rechnung (kurz E-Rechnung) bei Umsätzen zwischen inländischen Unternehmern (inländische B2B-Umsätze). Das führt dazu, dass Unternehmen ihre Prozesse ändern bzw. neu strukturieren müssen. |
Nach der Neufassung des § 14 Umsatzsteuergesetz (UStG) ist eine E-Rechnung eine Rechnung, die in einem strukturierten elektronischen Format ausgestellt, übermittelt und empfangen wird und eine elektronische Verarbeitung ermöglicht.
Beachten Sie | Für die Ausstellung von E-Rechnungen sind nach den Vorgaben des § 27 UStG Übergangsregeln nutzbar: Der allgemeine Übergangszeitraum beträgt zwei Jahre (Pflicht somit ab 2027). Drei Jahre gelten für Unternehmer mit einem Gesamtumsatz von bis zu 800.000 EUR im Jahr 2026.
MERKE | Hinsichtlich des Empfangs einer E-Rechnung gilt keine Übergangsregelung, er ist somit vom 1.1.2025 an durch den Rechnungsempfänger zu gewährleisten. Für den Empfang reicht die Bereitstellung eines E-Mail-Postfachs aus.
| Buchführungspflichtige Unternehmer erreichen eine Gewinnverschiebung bei der Bilanzierung z. B. dadurch, dass sie Lieferungen erst später ausführen oder anstehende Reparaturen und Beratungsleistungen vorziehen. Erfolgt die Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschussrechnung, reicht zur Gewinnverlagerung die Steuerung der Zahlungen über das Zu- und Abflussprinzip. Dabei ist die 10-Tage-Regel zu beachten, wonach regelmäßig wiederkehrende Einnahmen und Ausgaben innerhalb dieser Frist nicht dem Jahr der Zahlung, sondern dem Jahr der wirtschaftlichen Zugehörigkeit zuzurechnen sind. |
Investitionsabzugsbetrag
Für die künftige (Investitionszeitraum von drei Jahren) Anschaffung oder Herstellung von abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens (z. B. Maschinen) kann ein Investitionsabzugsbetrag (IAB) von bis zu 50 % der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten gewinnmindernd geltend gemacht werden (§ 7g Einkommensteuergesetz (EStG)).
Da diese Steuerstundungsmöglichkeit vor allem Investitionen von kleinen und mittleren Betrieben erleichtern soll, darf der Gewinn 200.000 EUR nicht überschreiten. Eine weitere Voraussetzung ist, dass das Wirtschaftsgut mindestens bis zum Ende des dem Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung folgenden Wirtschaftsjahres vermietet oder in einer Betriebsstätte des Betriebes ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt wird.
Werden bis zum Ende des Investitionszeitraums keine (ausreichenden) begünstigten Investitionen getätigt, sind insoweit noch vorhandene IAB bei der Steuerfestsetzung zinswirksam rückgängig zu machen, bei der der Abzug vorgenommen wurde.
Sonderabschreibungen
Für abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens ist zudem eine Sonderabschreibung nach § 7g Abs. 5 EStG möglich, wenn die Gewinngrenze von 200.000 EUR im Jahr, das der Investition vorangeht, nicht überschritten wird. Die Sonderabschreibung kann neben der normalen Abschreibung geltend gemacht werden und betrug bisher bis zu 20 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Durch das Wachstumschancengesetz (BGBl I 2024, Nr. 108) wurde dieser Prozentsatz für Wirtschaftsgüter, die ab 2024 angeschafft oder hergestellt werden, auf 40 % erhöht.
MERKE | Die Sonderabschreibung ist zeitlich auf das Jahr der Anschaffung oder Herstellung und die folgenden vier Jahre begrenzt und kann variabel auf diese fünf Jahre verteilt werden. Es ist weder erforderlich, dass in jedem der fünf Jahre Sonderabschreibungen vorgenommen werden, noch, dass der Höchstbetrag (40 %) ausgereizt wird.
Check der Überentnahmen
Werden Überentnahmen getätigt, ist ein Teil der betrieblichen Schuldzinsen nicht als Betriebsausgaben abziehbar. Eine Überentnahme ist nach § 4 Abs. 4a S. 2 EStG der Betrag, um den die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen des Wirtschaftsjahres übersteigen.
6 % dieser Überentnahmen sind als nicht abziehbare Betriebsausgaben zu behandeln. Überentnahmen der Vorjahre werden zu den laufenden Überentnahmen addiert. Unterentnahmen der Vorjahre werden von den laufenden Überentnahmen abgezogen. Zinsen bis zu 2.050 EUR (Sockelbetrag) sind uneingeschränkt abziehbar. Ausgenommen sind Schuldzinsen, die aus Darlehen zur Finanzierung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens resultieren.
MERKE | Durch eine Einlage kann eine Überentnahme mitunter verhindert werden. Die kurzfristige Einlage von Geld stellt aber einen Gestaltungsmissbrauch dar, wenn sie nur dazu dient, die Hinzurechnung zu umgehen. Dies hat der Bundesfinanzhof (Urteil vom 21.8.2012, Az. VIII R 32/09) in einem Fall entschieden, in dem ein Steuerpflichtiger seinem betrieblichen Girokonto jeweils kurz vor Jahresende fremdfinanzierte Geldmittel zuführte, die er kurze Zeit nach dem Jahreswechsel wieder entnahm. Die Einzahlungen dienten nur dazu, die Hinzurechnung nach § 4 Abs. 4a EStG zu vermeiden.
| Der Abgabesatz zur Künstlersozialversicherung wird auch in 2025 bei 5,0 % liegen. Eine entsprechende Verordnung wurde kürzlich im Bundesgesetzblatt (BGBl I 2024, Nr. 274) verkündet. |
Grundsätzlich gehören alle Unternehmen, die durch ihre Organisation, besondere Branchenkenntnisse oder spezielles Know-how den Absatz künstlerischer Leistungen am Markt fördern oder ermöglichen, zum Kreis der künstlersozialabgabepflichtigen Personen. Weitere Informationen zur Abgabepflicht und -freiheit erhalten Sie unter www.kuenstlersozialkasse.de.
Offenlegung der Jahresabschlüsse für 2023: Der Countdown läuft
| Offenlegungspflichtige Gesellschaften (insbesondere AG, GmbH und GmbH & Co. KG) müssen ihre Jahresabschlüsse der das Unternehmensregister führenden Stelle elektronisch zur Einstellung in das Unternehmensregister übermitteln. Die Unterlagen sind spätestens ein Jahr nach dem Abschlussstichtag des Geschäftsjahrs zu übermitteln, auf das sie sich beziehen. Das bedeutet: Ist das Geschäftsjahr das Kalenderjahr, gilt für den Jahresabschluss 2023 somit der 31.12.2024. |
Beachten Sie | Rechnungslegungsunterlagen sind erst mit einem Geschäftsjahresbeginn nach dem 31.12.2021 zur Einstellung in das Unternehmensregister zu übermitteln. Vorherige Geschäftsjahre sind weiterhin im Bundesanzeiger einzureichen und dort offenzulegen. Weitere Informationen erhalten Sie unter www.publikations-plattform.de.
MERKE | Kleinstkapitalgesellschaften (nach § 267a Handelsgesetzbuch) müssen nur ihre Bilanz (keinen Anhang und keine Gewinn- und Verlustrechnung) einreichen. Zudem können sie ihre Publizitätsverpflichtung durch Offenlegung oder dauerhafte Hinterlegung erfüllen. Hinterlegte Bilanzen sind nicht unmittelbar zugänglich; auf Antrag werden sie kostenpflichtig an Dritte übermittelt.
Kommt das jeweilige Unternehmen seiner Pflicht zur Offenlegung nicht rechtzeitig oder nicht vollständig nach, leitet das Bundesamt für Justiz ein Ordnungsgeldverfahren ein. Informationen zum Ablauf des Ordnungsgeldverfahrens erhalten Sie unter www.iww.de/s11622.
| Wie in jedem Jahr sollten zwischen GmbH und (beherrschenden) Gesellschafter-Geschäftsführern getroffene Vereinbarungen auf ihre Fremdüblichkeit und Angemessenheit hin überprüft werden. Die entsprechende Dokumentation mindert das Risiko einer verdeckten Gewinnausschüttung. Sollen neue Vereinbarungen getroffen oder bestehende verändert werden, ist dies zeitnah schriftlich zu fixieren. Vertragsinhalte wirken sich bei beherrschenden Gesellschaftern nämlich steuerlich nur aus, wenn sie im Voraus getroffen und tatsächlich wie vereinbart durchgeführt werden. |
| Derzeit gilt in Deutschland ein Mindestlohn von 12,41 EUR pro Stunde. Nach der „Vierten Mindestlohnanpassungsverordnung“ (BGBl I 2023, Nr. 321) sind ab dem 1.1.2025 dann 12,82 EUR relevant. Die Erhöhung hat auch Auswirkungen auf die Minijob-Grenze (derzeit 538 EUR monatlich),da diese an den Mindestlohn „gekoppelt“ ist. |
Beachten Sie | Die Geringfügigkeitsgrenze bezeichnet das monatliche Arbeitsentgelt, das bei einer Arbeitszeit von zehn Wochenstunden zum Mindestlohn nach § 1 Abs. 2 S. 1 des Mindestlohngesetzes erzielt wird. Sie wird berechnet, indem der Mindestlohn mit 130 vervielfacht, durch drei geteilt und auf volle EUR aufgerundet wird.
Das heißt: Bei einem Mindestlohn von 12,82 EUR ergibt sich ab dem 1.1.2025 eine Geringfügigkeitsgrenze von 556 EUR (12,82 EUR × 130 ÷ 3).
Steuerfreie Inflationsausgleichsprämie noch bis Ende 2024 möglich
| Arbeitgeber können ihren Arbeitnehmern noch bis zum 31.12.2024 eine Inflationsausgleichsprämie von bis zu 3.000 EUR zuwenden und das steuer- und beitragsfrei. |
Die freiwillige Inflationsausgleichsprämie kann nach § 3 Nr. 11c Einkommensteuergesetz (EStG) vom 26.10.2022 bis zum 31.12.2024 gewährt werden.
Beachten Sie | Bei den 3.000 EUR handelt es sich um einen steuerlichen Freibetrag, der auch in mehreren Teilbeträgen ausgezahlt werden kann.
Begünstigt sind auch Zahlungen an Minijobber. Da die Zahlung steuer- und beitragsfrei ist, wird sie nicht auf die Minijobgrenze angerechnet.
Die Zahlungen des Arbeitgebers müssen nach Maßgabe des § 8 Abs. 4 EStG zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erfolgen.
| Für Arbeitnehmer kann es vorteilhaft sein, berufsbezogene Ausgaben oder variable Gehaltsbestandteile vorzuziehen oder in das nächste Jahr zu verlagern. Maßgebend ist grundsätzlich das Zu- und Abflussprinzip. |
Beachten Sie | Sofern die Werbungskosten insgesamt unter dem Arbeitnehmer-Pauschbetrag von 1.230 EUR liegen werden, sollten noch ausstehende Aufwendungen (zum Beispiel für Fachliteratur oder Arbeitsmittel) nach Möglichkeit in das Jahr 2025 verschoben werden.
PRAXISTIPP | Spätestens zum Jahresende 2024 sollten Arbeitgeber und Belegschaft prüfen, ob die vielseitigen Möglichkeiten von steuerfreien und begünstigten Lohnbestandteilen optimal ausgeschöpft wurden. Darunter fallen auch Sachbezüge (monatliche Freigrenze von 50 EUR) oder der Rabattfreibetrag von 1.080 EUR (jährlich) für vom Betrieb angebotene Waren.
Der erste Firmenwagen: Richtige Besteuerung und Gestaltungsmodelle
| Soll ein Arbeitnehmer erstmals einen Firmenwagen erhalten, ist die Freude oft groß. Doch mit dem Firmenwagen gehen auch viele Fragen einher: Wie wird derVorteil „Firmenwagen“ versteuert und wie lässt er sich reduzieren? Lohnt ein Fahrtenbuch? Wie wirken sich Zuzahlungen und privat getragene Kosten aus? Ist eine günstigere Fahrzeugklasse oder ein E-Fahrzeug lukrativ? Diese und weitere Fragen werden nachfolgend beantwortet. |
1. Ausgangsfall
Der ledige, konfessions- und kinderlose Arbeitnehmer A wurde befördert. Hierdurch erhöht sich zwar nicht sein Bruttoarbeitslohn (bisher 4.000 EUR in der Steuerklasse I), aber er darf sich einen Firmenwagen aussuchen. Diesen darf er auch unbeschränkt privat nutzen. Nach einigen Recherchen beabsichtigt A, einen Neuwagen (Verbrenner) mit einem Bruttolistenneupreis (BLP) i. H. von 40.000 EUR und werkseits verbauter Sonderausstattung (10.000 EUR brutto) zu wählen.
A fragt sich aber, welche steuerlichen Folgen der Firmenwagen für ihn hat. Immerhin spart er sich nun die Kosten für alle Privatfahrten und auch die täglichen Fahrten zur Arbeit (20 km Entfernung) trägt ab sofort sein Chef.
2. Pauschale Besteuerung
Weil der Arbeitgeber alle Kosten trägt, darf A den Firmenwagen zwar theoretisch kostenlos fahren. Dennoch wird A durch den Firmenwagen effektiv belastet, da ein steuer- und beitragspflichtiger Vorteil (Sachbezug) vorliegt.
Die Ermittlung des geldwerten Vorteils richtet sich nach § 8 Abs. 2 S. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) i. V. mit § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG grundsätzlich nach der pauschalen Ein-Prozent-Regelung. Somit erhöht sich der Bruttoarbeitslohn von A wie folgt:
Privatnutzung
BLP
40.000 EUR
zzgl. Sonderausstattung
10.000 EUR
Summe
50.000 EUR
× 1 % (= Sachbezug pro Monat)
500 EUR
Beachten Sie | Für die Ein-Prozent-Regelung ist immer der BLP zum Zeitpunkt der Erstzulassung relevant. Das gilt auch für Gebrauchtwagen und auch dann, wenn der tatsächliche Kaufpreis durch Rabatte niedriger ausfällt. Nur nachträglich (nach erfolgter Erstzulassung) eingebaute Sonderausstattung bleibt bei der Ermittlung des Sachbezugswerts unberücksichtigt.
Da der Firmenwagen auch für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte genutzt werden kann, ist für diese Fahrten nach § 8 Abs. 2 S. 3 EStG ein Zuschlag von 0,03 % des BLP zzgl. Sonderausstattung für jeden Entfernungskilometer zwischen der Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte pro Monat anzusetzen.
Wohnung/erste Tätigkeitsstätte
BLP zzgl. Sonderausstattung
50.000 EUR
× 0,03 %
15 EUR
× Entfernung zur ersten Tätigkeitsstätte (20 km)
300 EUR
Beachten Sie | Kann der Firmenwagen auch für eine doppelte Haushaltsführung genutzt werden, sind für jede Fahrt pauschal 0,002 % des BLP zzgl. Sonderausstattung je Entfernungskilometer zwischen dem Ort des eigenen Haushalts und dem Beschäftigungsort anzusetzen (§ 8 Abs. 2 S. 5 EStG). Das gilt aber nur für Fahrten, für die keine Werbungskosten abzugsfähig sind also immer dann, wenn mehr als einmal in der Woche zur Zweitwohnung gefahren wird.
Durch den Firmenwagen ergeben sich für A effektiv zwei Änderungen: Er wird durch die Fahrzeugkosten nicht mehr unmittelbar finanziell belastet und sein steuer- und beitragspflichtiger Bruttolohn steigt von 4.000 EUR auf 4.800 EUR. Das führt zu einer Schmälerung seines Nettoeinkommens. Denn während ihm sein Arbeitgeber bisher einen Nettolohn von 2.602 EUR überwiesen hat, reduziert sich dieser künftig auf 2.222 EUR.
MERKE | A kostet der Firmenwagen somit effektiv 380 EUR netto pro Monat. Diesen Betrag muss er von den gesparten Kfz-Kosten abziehen. Denn nur in Höhe der Differenz führt der Firmenwagen zu einem echten finanziellen Vorteil.
Infolge der Belastung (380 EUR pro Monat) gilt es zu überlegen, wie sich diese reduzieren lässt. Dabei gibt es mehrere Möglichkeiten.
3. Günstigeres Fahrzeug
Die einfachste Möglichkeit zur Reduzierung der finanziellen Belastungen ist, dass A einen Firmenwagen mit einem niedrigeren BLP wählt.
Beispiel
A entscheidet sich für einen günstigeren Firmenwagen. Bei diesem beträgt der BLP inklusive Sonderausstattung im Zeitpunkt der Erstzulassung nicht mehr 50.000 EUR, sondern lediglich 40.000 EUR.
Durch den niedrigeren BLP reduziert sich der Sachbezug für Privatfahrten auf monatlich 400 EUR (40.000 EUR × 1 %) und für die Fahrten zur Arbeit auf 240 EUR (40.000 EUR × 0,03 % × 20 km). Damit steigt der Bruttoarbeitslohn von 4.000 EUR auf nur noch 4.640 EUR (bisher 4.800 EUR). Da der Nettolohn nun 2.300 EUR beträgt, erhält A monatlich 78 EUR netto mehr Gehalt.
MERKE | Dies führt auch beim Arbeitgeber zu einer Ersparnis. Zum einen muss er für den Firmenwagen (Kauf oder Leasing) weniger aufwenden. Zum anderen spart er monatlich rund 20 % Arbeitgeberanteile zu den Sozialabgaben bezogen auf den verringerten Bruttolohn. Bei einer Differenz wie im Beispiel von 160 EUR (bisher 4.800 EUR und neu 4.640 EUR) sind das immerhin 32 EUR pro Monat.
4. Elektro- oder Hybridelektrofahrzeuge
Der Sachbezug kann auch reduziert werden, indem kein Verbrenner, sondern ein Elektro- oder Hybridelektrofahrzeug gewählt wird. Weil der Staat die Elektromobilität auch steuerlich fördern möchte, gibt es für diese Fahrzeuge unter den in § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG verankerten Bedingungen Ermäßigungen, die sich auf die Höhe des BLP auswirken. Wird als Firmenwagen z. B. ein reines Elektrofahrzeug ohne Kohlendioxidemission gewählt und beträgt der BLP bei einer erstmaligen Überlassung durch den Arbeitgeber nach dem 31.12.2018 und vor dem 1.1.2031 maximal 60.000 EUR (erhöht durch das Wachstumschancengesetzauf 70.000 EUR bei Anschaffungen nach dem 31.12.2023), ist der BLP nicht in voller Höhe, sondern nur zu einem Viertel anzusetzen, sodass sich die Sachbezüge reduzieren.
Wird die Grenze von 60.000 EUR bzw. 70.000 EUR bei einem Elektrofahrzeug überschritten, gilt zwar kein geviertelter, aber ein halbierter BLP, der im Übrigen auch für Hybrid-E-Fahrzeuge Anwendung findet. Voraussetzung ist bei einer erstmaligen Überlassung durch den Arbeitgeber nach dem 31.12.2021 und vor dem 1.1.2025, dass das Hybrid-E-Fahrzeug eine Kohlendioxidemission von höchstens 50 g je gefahrenen km hat oder die Reichweite unter ausschließlicher Nutzung der elektrischen Antriebsmaschine mindestens 60 km (nach dem 31.12.2024 und vor dem 1.1.2031 gelten 80 km) beträgt.
Beispiel
A entscheidet sich für einen Firmenwagen mit einem BLP inkl. Sonderausstattung von 50.000 EUR. Es handelt sich nun aber um ein E-Fahrzeug.
Der BLP von 50.000 EUR ist nur mit 1/4 (12.500 EUR) anzusetzen. Somit reduziert sich der Sachbezug für Privatfahrten auf monatlich 125 EUR (12.500 EUR × 1 %). Der Sachbezug für die Fahrten zur Arbeit verringert sich auf 75 EUR (12.500 EUR × 0,03 % × 20 km). Damit steigt der Bruttoarbeitslohn auf lediglich 4.200 EUR (bisher 4.800 EUR). Der Nettolohn erhöht sich deshalb von bisher 2.222 EUR auf 2.509 EUR. Damit spart A monatlich 287 EUR netto.
PRAXISTIPPS | Für den (Hybrid)-E-Firmenwagen wird eine Ladevorrichtung (z. B. Wallbox) benötigt. Diese kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nach § 3 Nr. 46 EStG und § 1 Abs. 1 der Sozialversicherungsentgeltverordnung steuer- und beitragsfrei überlassen. Eigentümer bleibt aber der Arbeitgeber. Soll der Arbeitnehmer Eigentümer werden, stellt die Übereignung der Ladevorrichtung einen Sachbezug dar. Die Steuer kann dann zulasten des Arbeitgebers mit 25 % pauschaliert werden (§ 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 6 EStG). Der Vorteil: Die Sozialabgaben entfallen.
Da der Arbeitnehmer für die zu Hause durchgeführten Ladevorgänge seinen privaten Strom verwendet, kann der Arbeitgeber diesen steuer- und beitragsfrei erstatten. Grundsätzlich wird ein Einzelnachweis des verbrauchten Stroms gefordert. Zur Vereinfachung gestattet die Verwaltung (BMF-Schreiben vom 29.9.2020, Az. IV C 5 – S 2334/19/10009 :004, Rz. 24) aber auch Pauschalen.
Bei deren Höhe kommt es darauf an, ob es sich um ein E- oder um ein Hybrid-E-Fahrzeug handelt und ob der Arbeitnehmer zusätzlich auch eine Lademöglichkeit beim Arbeitgeber hat:
mit zusätzlicher Lademöglichkeit beim Arbeitgeber: 30 EUR im Monat für Elektrofahrzeuge und 15 EUR für Hybrid-E-Fahrzeuge,
ohne zusätzliche Lademöglichkeit beim Arbeitgeber: 70 EUR im Monat für Elektrofahrzeuge und 35 EUR für Hybrid-E-Fahrzeuge.
5. Einzelbewertung für Fahrten zum Betrieb
Die bislang für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte angesetzte Pauschale berücksichtigt das individuelle Fahrverhalten nicht und lässt unberücksichtigt, wie oft die erste Tätigkeitsstätte tatsächlich aufgesucht wurde.
Problematisch ist das, wenn der Arbeitnehmer infolge von Tätigkeiten im Homeoffice oder Außendienst, Teilzeit, Urlaub, Krankheit etc. nur wenige Fahrten durchführt. Denn derartige Nutzungsausfälle sind in dem pauschalen Nutzungswert bereits berücksichtigt, sodass keine Reduzierung des Sachbezugs möglich ist (vgl. BMF-Schreiben vom 3.3.2022, Az. IV C 5 – S 2334/21/10004 :001, Rz. 12). Das gilt selbst für volle Kalendermonate, an denen der Firmenwagen tatsächlich nicht für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte genutzt wurde.
Beispiel
A nutzt seinen Firmenwagen (BLP: 50.000 EUR) infolge einer längeren Erkrankung und diversen Tätigkeiten im Homeoffice für Fahrten zwischen der Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte im Jahr nur für 100 Fahrten.
Der Sachbezug beträgt unabhängig von der Anzahl der durchgeführten Fahrten 3.600 EUR (50.000 EUR × 0,03 % × 20 km × 12).
Dieses unbillige Ergebnis kann aber vermieden werden, da anstelle der pauschalen Methode auch eine Einzelbewertung der tatsächlich durchgeführten Fahrten erfolgen kann. Dabei ist zu beachten, dass das Wahlrecht nur für das ganze Jahr ausgeübt werden kann und die Bewertung für jede Fahrt mit 0,002 % des BLP erfolgt. Lukrativ ist die Einzelbewertung, wenn der Arbeitnehmer in dem Kalenderjahr an weniger als 180 Tagen Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte durchführt (12 Monate × 0,03 % = 0,36 %; 180 Tage × 0,002 % sind ebenfalls 0,36 %).
Beispiel
Wie Beispiel zuvor, A beantragt aber die Einzelbewertung: Der Sachbezug reduziert sich von 3.600 EUR auf 2.000 EUR (50.000 EUR × 0,002 % × 20 km × 100 Fahrten). Bei unterstellten 20 % Sozialabgaben und 30 % Steuern bedeutet das eine Ersparnis von 800 EUR netto pro Jahr (1.600 EUR × 50 %).
Die Anforderungen für die Einzelbewertung hat die Verwaltung (BMF 3.3.2022, a. a. O.) in der Rz. 13 niedergelegt. Danach muss A gegenüber dem Arbeitgeber kalendermonatlich fahrzeugbezogen schriftlich erklären, an welchen Tagen (mit Datumsangabe) er den Firmenwagen tatsächlich für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte genutzt hat; die bloße Angabe der Anzahl der Tage reicht nicht aus. Demgegenüber vertritt das Finanzgericht Nürnberg (23.1.2020, Az. 4 K 1789/18) die Ansicht, dass eine Datumsangabe nicht zwingend erforderlich ist.
Es sind keine Angaben erforderlich, wie der Arbeitnehmer an den anderen Arbeitstagen zur ersten Tätigkeitsstätte gelangt ist. Tage, an denen er mit dem Firmenwagen mehrfach Fahrten durchführt (z. B. wegen einer Mittagsheimfahrt) gelten als ein Tag.
Die schriftliche Erklärung des Arbeitnehmers muss der Arbeitgeber zum Lohnkonto nehmen. Aus Vereinfachungsgründen ist es nicht zu beanstanden, wenn für die Ermittlung des Sachbezugs jeweils die Erklärung des Vormonats zugrunde gelegt wird.
Beachten Sie | Damit die Einzelbewertung nicht zu einem höheren Sachbezug führt, muss der Arbeitgeber eine jahresbezogene Begrenzung auf insgesamt 180 Fahrten vornehmen.
Die Einzelbewertung stellt zwar ein Wahlrecht dar. Der Arbeitgeber muss sie aber vornehmen, wenn sie der Arbeitnehmer beantragt. Diese Verpflichtung kann der Arbeitgeber nur umgehen, wenn er im Arbeitsvertrag oder der Vereinbarung über die Überlassung des Firmenwagens eine Klausel aufnimmt, nach der er keine Einzelbewertung vorzunehmen hat. In diesem Fall kann der Arbeitnehmer in seiner Einkommensteuererklärung zur Einzelbewertung übergehen und seinen Bruttoarbeitslohn reduzieren. Hierzu muss er mit Datumsangabe darlegen, an welchen Tagen er den Firmenwagen für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte genutzt hat und in welcher Höhe sein Arbeitgeber den Sachbezug berücksichtigt hat.
MERKE | Durch die nachträgliche Einzelbewertung sinkt die Einkommensteuer. Die Sozialabgaben bleiben aber unverändert.
6. Kostendeckelung
Die pauschal ermittelten Sachbezüge dürfen die Gesamtkosten des Firmenwagens nicht übersteigen. Denn sonst würde ein Sachbezug versteuert, der tatsächlich nicht entstanden ist. Deshalb ist es erforderlich, den insgesamt für das jeweilige Jahr ermittelten Sachbezug mit den tatsächlich entstandenen Fahrzeugkosten (u. a. Versicherung, Kfz-Steuer, Treibstoff, Reparaturen, Abschreibung) zu vergleichen. Übersteigen die Fahrzeugkosten den Sachbezug, ist dieser um die Differenz zu reduzieren.
Beispiel
Der Arbeitgeber des A hat die Fahrzeuggesamtkosten zusammengestellt. Diese betragen 8.000 EUR. Da der bisher für das Jahr als Arbeitslohn zu erfassende Sachbezug 9.600 EUR beträgt, ist er um 1.600 EUR zu reduzieren.
7. Fahrtenbuch
Führt A ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch (BMF 3.3.2022, a. a. O., Rz. 26 ff.), können anstelle der pauschal ermittelten Sachbezüge die tatsächlichen Fahrzeugkosten angesetzt werden. Hierzu werden die jährlichen Gesamtkosten des Firmenwagens ermittelt, durch die jährliche Gesamtfahrleistung geteilt und der sich so ergebende Kilometersatz mit jedem privat gefahrenen km multipliziert (ebenso für Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte). Dieses Verfahren bietet sich vor allem bei einem hohen BLP an und/oder, wenn der Firmenwagen wenig privat genutzt wird.
Beispiel
Die Sachbezüge für den Firmenwagen betragen jährlich 9.600 EUR. A hat ein Fahrtenbuch geführt. Daraus ergeben sich 20.000 gefahrene km (8.000 privat, 8.000 geschäftlich und 4.000 für Fahrten Wohnung erste Tätigkeitsstätte). Die Fahrzeuggesamtkosten wurden mit 12.000 EUR (inkl. Abschreibung auf acht Jahre) ermittelt.
Die Kosten pro km betragen 0,60 EUR (12.000 EUR/20.000 km). Der Sachbezug ist von 9.600 EUR auf 7.200 EUR zu reduzieren (12.000 km × 0,60 EUR).
Bei einem (Hybrid)-E-Fahrzeug sind Begünstigungen möglich (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 3 EStG). Je nach Art des Fahrzeugs werden die in die Gesamtkosten einzubeziehenden Abschreibungen nur zur Hälfte oder einem Viertel angesetzt. Die Folge: Ein geringerer Kostensatz pro km und ein geringerer Sachbezug.
Das Fahrtenbuch muss eine leichte und einwandfreie Überprüfung der Angaben ermöglichen. Alle Fahrstrecken müssen gesondert, fortlaufend und zeitnah aufgeführt werden. Für Privatfahrten sind die Kilometerangaben nebst Angabe des Tages und der Vermerk „privat“ einzutragen. Für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte reicht die Angabe des Tages, der Kilometerstände und der Vermerk „Wohnung/erste Tätigkeitsstätte“. Für geschäftlich veranlasste Fahrten sind das Datum und die Kilometerstände, das Reiseziel und -zweck sowie der Name des Geschäftspartners zu dokumentieren.
Das Fahrtenbuch muss in geschlossener Form und so geführt werden, dass es nicht manipuliert werden kann und etwaige Änderungen einsehbar sind. Elektronische Fahrtenbücher sind zulässig, wenn sich aus diesen dieselben Erkenntnisse wie aus einem manuell geführten Fahrtenbuch gewinnen lassen und eine nachträgliche Veränderung der Eintragungen ohne Dokumentation ausgeschlossen ist. Eine einfache Excel-Datei genügt den Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nicht.
8. Zuzahlungen
Zuzahlungen und Nutzungsentgelte, die an den Arbeitgeber zu leisten sind, haben eines gemeinsam: Sie mindern den Nutzungswert und damit den Sachbezug (BFH 30.11.2016, Az. VI R 49/14 und Az. VI R 2/15). Der Grund: Der Arbeitnehmer wird in Höhe des Nutzungsentgelts durch die Firmenwagenüberlassung nicht bereichert, sodass in diesem Umfang kein Arbeitslohn vorliegt.
MERKE | Übersteigt das Nutzungsentgelt den Sachbezug, führt der übersteigende Betrag weder zu negativem Arbeitslohn noch zu Werbungskosten.
8.1 Einmalige Zuzahlung zu den Anschaffungskosten
Leistet der Arbeitnehmer eine einmalige Zuzahlung zu den Anschaffungskosten oder übernimmt er eine Leasingsonderzahlung, mindern diese oft hohen Beträge den Sachbezug bis auf 0 EUR (R 8.1 Abs. 9 Nr. 4 S. 2 und 3 Lohnsteuerrichtlinien [LStR]). Aufgrund der hohen Zahlung ergibt sich oft ein den Sachbezug übersteigender Betrag. Dieser geht aber nicht verloren, sondern lässt sich in künftige Perioden vortragen.
Beispiel
Da A ein teureres Fahrzeug wünscht, als sein Arbeitgeber bereit ist zu gewähren, leistet er eine Zuzahlung zu den Anschaffungskosten von 15.000 EUR. Der jährlich ermittelte Sachbezug nach der Ein-Prozent-Methode beträgt 9.600 EUR.
Die Zuzahlung wird mit dem Sachbezug verrechnet. Übersteigende Beträge werden in künftige Jahre vorgetragen:
Jahr
Sachbezug
Zuzahlung
steuerpflichtig
1
9.600 EUR
9.600 EUR
0 EUR
2
9.600 EUR
5.400 EUR
4.200 EUR
3 ff.
9.600 EUR
0 EUR
9.600 EUR
Beachten Sie | Entsprechendes gilt bei der Ermittlung des Sachbezugs durch ein Fahrtenbuch. In diesem Fall sind bei der Ermittlung der Fahrzeuggesamtkosten die nicht um die Zuzahlung geminderten Anschaffungskosten maßgebend dafür wird die Zuzahlung dann von dem ermittelten Sachbezug abgezogen.
Das Beispiel verdeutlicht das Problem der Zuzahlung: Es kommt zu Schwankungen in der Einkommensprogression (Sachbezug im Jahr 1: 0 EUR; Sachbezug in den Jahren 3 ff.: 9.600 EUR). Günstiger wäre es oft, wenn die Zuzahlung linear auf den Zeitraum der Firmenwagenüberlassung verteilt werden könnte und das geht, wenn Arbeitnehmer und Arbeitgeber eine arbeitsvertragliche Vereinbarung über den Zuzahlungszeitraum treffen (BFH 16.12.2020, Az. VI R 19/18; BMF 3.3.2022, a. a. O., Rz. 66).
Beispiel
Wie das Beispiel zuvor, allerdings vereinbart A mit seinem Arbeitgeber, dass die Zuzahlung von 15.000 EUR auf drei Jahre zu verteilen ist, da ihm der Firmenwagen zunächst für drei Jahre überlassen wird.
Jahr
Sachbezug
Zuzahlung
steuerpflichtig
1
9.600 EUR
5.000 EUR
4.600 EUR
2
9.600 EUR
5.000 EUR
4.600 EUR
3
9.600 EUR
5.000 EUR
4.600 EUR
4 ff.
9.600 EUR
0 EUR
9.600 EUR
MERKE | Entsprechendes gilt für zeitraumbezogene (Einmal-)Zahlungen für die außerdienstliche Nutzung. Auch diese sind bei der Bemessung des geldwerten Vorteils auf den Zeitraum, für den sie geleistet werden, gleichmäßig zu verteilen und vorteilsmindernd zu berücksichtigen (BFH 16.12.2020, Az. VI R 19/18; BMF 3.3.2022, a. a. O., Rz. 57).
Zum Problem wird eine auf den Nutzungszeitraum verteilte Einmalzahlung, wenn der Firmenwagen frühzeitig gewechselt wird (z. B. wegen eines Totalschadens). Denn noch nicht verrechnete Zuzahlungen können nicht auf einen neuen Pkw übertragen werden. Die Zuzahlung ist insoweit steuerlich verloren. Erhält der Arbeitnehmer einen Teilbetrag zurück, ist die Rückzahlung nur insoweit steuerpflichtig, wie die Zuzahlung bereits Sachbezüge gemindert hat.
8.2 Laufendes Nutzungsentgelt
Muss der Arbeitnehmer ein laufendes Nutzungsentgelt (z. B. eine Kilometerpauschale) zahlen oder einzelne Kosten (z. B. Treibstoff) übernehmen, mindern die Nutzungsentgelte den Sachbezug bis auf maximal 0 EUR (Beispiel: Sachbezug: 800 EUR abzgl. Benzinkosten: 250 EUR = steuer- und beitragspflichtiger Sachbezug i. H. von 550 EUR).
Wird der Sachbezug nach der Fahrtenbuchmethode berechnet und übernimmt der Arbeitnehmer einzelne Kosten, sind die vom Arbeitnehmer getragenen Aufwendungen nach der R 8.1 Abs. 9 Nr. 2 S. 8 LStR nicht in die Ermittlung der Gesamtkosten einzubeziehen. Das Bundesfinanzministerium (3.3.2022, a. a. O., Rz. 59) gestattet aber auch eine günstigere Berechnung: Danach können zunächst die Gesamtkosten und damit die Kfz-Kosten je gefahrenen Kilometer inklusive der vom Arbeitnehmer getragenen Kosten ermittelt werden. Die vom Arbeitnehmer getragenen Kosten werden dann von dem Sachbezug abgezogen.
Beispiel
A führt ein Fahrtenbuch. 2023 nutzt er den Firmenwagen mit 9.000 km für private und mit 16.000 km für dienstliche Zwecke. Von den Gesamtkosten (10.000 EUR) entfallen 2.500 EUR auf Treibstoffkosten, die A auf Basis des Nutzungsvertrags selbst zahlen musste.
LStR
BMF
Gesamtkosten
10.000 EUR
10.000 EUR
von A getragen
2.500 EUR
maßgebende Gesamtkosten
7.500 EUR
10.000 EUR
gefahrene km
25.000 km
25.000 km
Kosten je km
0,30 EUR
0,40 EUR
km (privat)
9.000 km
9.000 km
Sachbezug (km-Satz × km)
2.700 EUR
3.600 EUR
von A getragen
2.500 EUR
Sachbezug
2.700 EUR
1.100 EUR
Vorteil
1.600 EUR
8.3 Lohnabrechnung oder Steuererklärung
Die Zuzahlungen sind im Lohnsteuerabzugsverfahren zu berücksichtigen, es sei denn, aus der arbeitsvertraglichen oder einer anderen arbeits- oder dienstrechtlichen Rechtsgrundlage ergibt sich etwas anderes.
Wurde der Sachbezug vom Arbeitgeber nicht um das Nutzungsentgelt gemindert (z. B., weil es arbeitsvertraglich ausgeschlossen wurde) oder wurde die Minderung falsch berechnet, ist der Steuervorteil nicht verloren. Der Arbeitnehmer kann das Nutzungsentgelt auch in seiner Einkommensteuererklärung geltend machen und den Bruttoarbeitslohn in entsprechender Höhe reduzieren.
Damit das Finanzamt den Vorgang prüfen kann, muss die Nutzungsvereinbarung vorgelegt, das Nutzungsentgelt nachgewiesen und dargelegt werden, wie der Arbeitgeber den Vorteil bisher als Sachbezug versteuert hat. Im Anschluss werden dem Arbeitnehmer durch den geringeren Bruttoarbeitslohn die zu viel entrichteten Lohnsteuern (nicht aber die Sozialabgaben) erstattet.
(Häusliches) Arbeitszimmer und Homeoffice-Pauschale: Neue Spielregeln beim steuerlichen Abzug der Aufwendungen
| Beim (häuslichen) Arbeitszimmer stellt sich oft die Frage, ob die Aufwendungen voll abziehbar sind, nur zum Teil oder gar nicht. Mit Wirkung ab 2023 wurde der Abzug durch das Jahressteuergesetz 2022 neu geregelt und zumindest teilweise vereinfacht. Zudem wurde die bislang befristet geltende Homeoffice-Pauschale dauerhaft im Einkommensteuergesetz verankert. Grund genug, das Arbeitszimmer aus steuerlicher Sicht näher zu betrachten. |
1. Arbeitszimmer: Abzug der Kosten bis 2022
Bei den Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer ist wie folgt zu unterscheiden:
Die Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer sind grundsätzlich nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abzugsfähig.
Stellt das Arbeitszimmer jedoch den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung dar, besteht keine Abzugsbeschränkung.
Bildet das Arbeitszimmer zwar nicht den Mittelpunkt der Betätigung, steht aber für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, sind nachgewiesene Kosten bis zu 1.250 EUR abziehbar (keine Pauschale).
Beachten Sie | Die folgenden Ausführungen (Gliederungspunkt 2. bis 6.) basieren im Wesentlichen auf einem Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF-Schreiben vom 6.10.2017, Az. IV C 6 – S 2145/07/10002: 019). Sie sind auch für die neue Rechtslage ab 2023 relevant.
2. Aufwendungen
Zu den Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer zählen insbesondere die Kosten für die Ausstattung des Zimmers (z. B. Tapeten, Teppiche, Fenstervorhänge, Gardinen und Lampen). Anteilig zu berücksichtigen sind u. a.:
Miete (bzw. Abschreibungen für das Gebäude, wenn es sich im Eigentum des Steuerpflichtigen befindet),
Schuldzinsen für Kredite, die zur Anschaffung, Herstellung oder Reparatur des Gebäudes oder der Eigentumswohnung verwendet worden sind,
PRAXISTIPP | Die als Arbeitsmittel zu qualifizierenden Gegenstände (z. B. Computer, Aktenschränke, Regale) sind von den Abzugsbeschränkungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht betroffen. Hier sind mitunter aber die Regelungen zu geringwertigen Wirtschaftsgütern (GWG) zu beachten, wonach die Anschaffungskosten ggf. abzuschreiben sind. Bei Anschaffungskosten bis zu 800 EUR (netto) erfolgt jedoch ein sofortiger Abzug.
3. Mittelpunktfälle
Bei der Frage, ob das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der betrieblichen und beruflichen Tätigkeit bildet, ist der inhaltliche (qualitative) Schwerpunkt der Betätigung des Steuerpflichtigen entscheidend. Der zeitliche (quantitative) Umfang der Nutzung hat nur eine indizielle Bedeutung.
Geht der Steuerpflichtige nur einer betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit nach, die in qualitativer Hinsicht gleichwertig sowohl im häuslichen Arbeitszimmer als auch am außerhäuslichen Arbeitsort erbracht wird, liegt der Mittelpunkt der gesamten Betätigung dann im häuslichen Arbeitszimmer, wenn der Steuerpflichtige mehr als die Hälfte der Arbeitszeit im häuslichen Arbeitszimmer tätig wird.
Übt ein Steuerpflichtiger hingegen mehrere Tätigkeiten nebeneinander aus, ist nicht auf eine Einzelbetrachtung der jeweiligen Betätigung abzustellen. Vielmehr sind alle Tätigkeiten in ihrer Gesamtheit zu erfassen.
Beispiele
Bei einem Verkaufsleiter, der zur Überwachung von Mitarbeitern und zur Betreuung von Großkunden auch im Außendienst tätig ist, kann das häusliche Arbeitszimmer Tätigkeitsmittelpunkt sein, wenn er dort die für den Beruf wesentlichen Leistungen (z. B. Organisation der Betriebsabläufe) erbringt (BFH 13.11.2002, Az. VI R 104/01).
Bei einem Ingenieur, dessen Tätigkeit durch die Erarbeitung theoretischer, komplexer Problemlösungen im häuslichen Arbeitszimmer geprägt ist, kann dieses auch dann der Mittelpunkt der beruflichen Betätigung sein, wenn die Betreuung von Kunden im Außendienst ebenfalls zu seinen Aufgaben gehört (BFH 13.11.2002, Az. VI R 28/02).
Demgegenüber liegt der Tätigkeitsschwerpunkt bei einem Handelsvertreter außerhalb des häuslichen Arbeitszimmers, wenn die Tätigkeit nach dem Gesamtbild der Verhältnisse durch die Arbeit im Außendienst geprägt ist, auch wenn die zu Hause verrichteten Tätigkeiten zur Erfüllung der beruflichen Aufgaben unerlässlich sind (BFH 13.11.2002, Az. VI R 82/01).
Bei einer Ärztin, die Gutachten über die Einstufung der Pflegebedürftigkeit erstellt und dazu ihre Patienten ausschließlich außerhalb des häuslichen Arbeitszimmers untersucht und dort (vor Ort) alle erforderlichen Befunde erhebt, liegt der qualitative Schwerpunkt nicht im häuslichen Arbeitszimmer, in welchem lediglich die Tätigkeit begleitende Aufgaben erledigt werden (BFH 23.1.2003, Az. IV R 71/00).
4. Anderer Arbeitsplatz
Ein anderer Arbeitsplatz i. S. der Vorschrift ist grundsätzlich jeder Arbeitsplatz, der zur Erledigung büromäßiger Arbeiten geeignet ist. Weitere Anforderungen an die Beschaffenheit des Arbeitsplatzes werden nicht gestellt. Somit sind die konkreten Arbeitsbedingungen und Umstände (z. B. Lärmbelästigung oder Publikumsverkehr) grundsätzlich unbeachtlich.
Beachten Sie | Ein eigener, räumlich abgeschlossener Arbeitsbereich ist nicht erforderlich.
Beispiele
Ein Poolarbeitsplatz ist nur ein anderer Arbeitsplatz, wenn ihn der Steuerpflichtige in dem konkret erforderlichen Umfang und in der konkret erforderlichen Art und Weise tatsächlich nutzen kann (BFH 26.2.2014, Az. VI R 37/13). Eine jederzeitige Zugriffsmöglichkeit ist zwar nicht erforderlich, es muss aber gewährleistet sein, dass der Arbeitnehmer seine beruflichen Tätigkeiten in dem konkret erforderlichen Umfang dort erledigen kann.
Ein Lehrer hat für seine Unterrichtsvorbereitung in der Schule keinen Schreibtisch. Das jeweilige Klassenzimmer oder das Lehrerzimmer stellt keinen Arbeitsplatz im Sinne der Abzugsbeschränkung dar.
Ein Orchestermusiker hat im Konzertsaal keine Möglichkeit zu üben. Hierfür hat er sich ein häusliches Arbeitszimmer eingerichtet (= kein anderer Arbeitsplatz vorhanden).
Es liegt auch kein anderer Arbeitsplatz vor, wenn ein angestellter Krankenhausarzt eine freiberufliche Gutachtertätigkeit ausübt und ihm im Krankenhaus dafür kein Arbeitsplatz zur Verfügung steht.
Es steht kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, wenn dieser wegen Gesundheitsgefahr nicht nutzbar ist (BFH 26.2.2014, Az. VI R 11/12).
5. Außerhäusliches Arbeitszimmer
Liegt ein außerhäusliches Arbeitszimmer oder eine (häusliche) Betriebsstätte vor, sind die Kosten in voller Höhe abzugsfähig. Auf den Tätigkeitsmittelpunkt oder einen weiteren Arbeitsplatz kommt es somit nicht an. Hier ist wie folgt abzugrenzen:
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist das häusliche Arbeitszimmer ein Raum, der in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden ist und vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher oder verwaltungstechnischer Arbeiten dient (so z. B. BFH 26.3.2009, Az. VI R 15/07). Der Nutzung entsprechend ist das häusliche Arbeitszimmer typischerweise mit Büromöbeln eingerichtet, wobei der Schreibtisch regelmäßig das zentrale Möbelstück darstellt.
Beachten Sie | In die häusliche Sphäre eingebunden ist ein als Arbeitszimmer genutzter Raum regelmäßig dann, wenn er zur privaten Wohnung oder zum Wohnhaus des Steuerpflichtigen gehört. Dies betrifft nicht nur die Wohnräume, sondern ebenso Zubehörräume.
MERKE | Nicht unter die Abzugsbeschränkung für ein häusliches Arbeitszimmer fallen Räume, die ihrer Ausstattung und Funktion nach nicht einem Büro entsprechen (beispielsweise Betriebsräume, Lagerräume, Ausstellungsräume), selbst wenn diese ihrer Lage nach mit dem Wohnraum des Steuerpflichtigen verbunden und so in dessen häusliche Sphäre eingebunden sind (vgl. z. B. BFH 26.3.2009, Az. VI R 15/07).
6. Nur teilweise beruflich genutzt
Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer wirken sich nur dann steuermindernd aus, wenn die Räume nahezu ausschließlich für betriebliche oder berufliche Zwecke genutzt werden (BFH 27.7.2015, GrS 1/14).
MERKE | Aufwendungen für Räume, die z. B. zu 60 % beruflich und zu 40 % privat genutzt werden, sind steuerlich nicht abziehbar. Auch Aufwendungen für eine „Arbeitsecke“ sind nicht abzugsfähig, da diese Räume schon ihrer Art und ihrer Einrichtung nach auch privaten Wohnzwecken dienen.
7. Homeoffice-Pauschale: Rechtslage bis 2022
Im Zuge der Corona-Pandemie wurde befristet für die Jahre 2020 bis 2022 durch § 4 Abs. 5 Nr. 6b S. 4 Einkommensteuergesetz (EStG) eine Homeoffice-Pauschale eingeführt. Diese gilt für Unternehmer und Arbeitnehmer.
Für die Veranlagungszeiträume 2020 bis 2022 kann für jeden Tag, an dem der Steuerpflichtige ausschließlich zu Hause betrieblich oder beruflich tätig wird, ein pauschaler Betrag von 5 EUR (maximal 600 EUR im Jahr) abgezogen werden (entspricht jährlich 120 Tagen). Fahrtkosten können für diese Tage (mangels durchgeführter Fahrten) nicht geltend gemacht werden.
Beachten Sie | Die Pauschale kann sowohl angewendet werden, wenn
die Voraussetzungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht vorliegen (z. B. Tätigkeit am Küchentisch),
als auch, wenn die Voraussetzungen vorliegen und der Steuerpflichtige auf die Einzelermittlung der Aufwendungen verzichten will.
PRAXISTIPP | Auch hier können neben der Pauschale Aufwendungen für Arbeitsmittel nach den allgemeinen Regelungen und Grundsätzen als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben abgesetzt werden. Auch Telefon- und Internetkosten sind durch die Homeoffice-Pauschale nicht abgegolten (vgl. BMF-Schreiben vom 9.7.2021, Az. IV C 6 – S 2145/19/10006 :013).
8. Rechtslage ab 2023
Durch das Jahressteuergesetz 2022 wurde der Abzug der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer mit Wirkung ab 2023 neu geregelt. Auch bei der Homeoffice-Pauschale haben sich Änderungen ergeben.
Zunächst zur Homeoffice-Pauschale: Diese wurde von 5 auf 6 EUR pro Tag erhöht. Zudem wurde der Höchstbetrag von 600 auf 1.260 EUR angehoben (also maximal 210 Tage im Jahr).
MERKE | Die Homeoffice-Pauschale ist für jeden Kalendertag abzugsfähig, an dem die betriebliche oder berufliche Tätigkeit überwiegend in der häuslichen Wohnung ausgeübt und keine außerhalb der häuslichen Wohnung belegene erste Tätigkeitsstätte aufgesucht wird. Steht für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, ist ein Abzug der Homeoffice-Pauschale zulässig, auch wenn die Tätigkeit am selben Kalendertag auswärts oder an der ersten Tätigkeitsstätte ausgeübt wird.
Nun zum häuslichen Arbeitszimmer: Soweit der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung im häuslichen Arbeitszimmer liegt, bleiben die Aufwendungen in voller Höhe abziehbar. Anstelle des Abzugs der tatsächlichen Aufwendungen ist aber ein pauschaler Abzug in Höhe von 1.260 EUR möglich (Wahlrecht).
Bei dieser Jahrespauschale (Kürzung um 1/12 für jeden vollen Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen nicht vorliegen) handelt es sich um einen personenbezogenen Betrag, weil er sich am Höchstbetrag der Homeoffice-Pauschale (ab 2023: 1.260 EUR) orientiert.
MERKE | Liegt der Mittelpunkt der Betätigung nicht im häuslichen Arbeitszimmer, steht den Steuerpflichtigen aber kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, kann nur noch die Homeoffice-Pauschale abgezogen werden. Der auf 1.250 EUR gedeckelte Abzug von Aufwendungen ist ab 2023 nicht mehr möglich.
Liegen die Voraussetzungen für den Abzug der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht im gesamten Kalenderjahr vor und wird die Jahrespauschale gekürzt („1/12“; vgl. oben), kann für diesen Kürzungszeitraum die Homeoffice-Pauschale zu gewähren sein.
Die dargestellten Neuregelungen werden nun anhand von Beispielen veranschaulicht:
Unbegrenzter Abzug (Mittelpunktfälle)
EF und EM (Ehepaar) betreiben ein Online-Unternehmen ausschließlich im gemeinsamen häuslichen Arbeitszimmer.
Um die darauf entfallenden Kosten steuerlich abzusetzen, haben sie bisher einmal pro Jahr die Gesamtkosten des Hauses zusammengestellt (Abschreibung, Schuldzinsen, Energiekosten, Versicherungen etc.) und den auf das Arbeitszimmer entfallenden Anteil ermittelt. Das waren ca. 1.500 EUR, wovon EF und EM jeweils die Hälfte (750 EUR) angesetzt haben.
Lösung: EF und EM haben ab 2023 folgende Möglichkeiten:
Sie können die anteiligen Aufwendungen (wie bisher) im Einzelnen ermitteln und den jeweiligen Anteil absetzen.
Allerdings können sie sich auch dafür entscheiden, die Jahrespauschale von jeweils 1.260 EUR in Anspruch zu nehmen. Das sollten die Ehegatten insbesondere dann tun, wenn die individuellen tatsächlichen Aufwendungen (wie hier) nicht mehr als 1.260 EUR betragen.
Begrenzter Abzug (kein anderer Arbeitsplatz)
Lehrerin L hat den Mittelpunkt ihrer beruflichen Tätigkeit in einer Gesamtschule. Dort steht ihr aber kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung.
Ihren Unterricht bereitet sie daher in einem häuslichen Arbeitszimmer vor und nach. Um die darauf entfallenden Kosten abzusetzen, hat L bisher einmal pro Jahr die Gesamtkosten des Hauses zusammengestellt und den auf das Arbeitszimmer entfallenden Anteil ermittelt. Das waren jährlich rund 1.500 EUR.
Lösung: Bisher konnte L die tatsächlichen Aufwendungen gedeckelt auf den Höchstbetrag von 1.250 EUR steuerlich absetzen. Ab 2023 gibt es diese Abzugsmöglichkeit nicht mehr. L kann die Aufwendungen für die Arbeiten im Arbeitszimmer nun durch die Homeoffice-Pauschale geltend machen (maximal 1.260 EUR jährlich).
Homeoffice mit Auswärtstätigkeit
Arbeitnehmer AN ist an einem Tag am Vormittag für fünf Stunden im Homeoffice tätig. Am Nachmittag fährt er für drei Stunden zu einem Kunden (Auswärtstätigkeit).
Lösung: Bisher konnte AN nur die Kosten der Auswärtstätigkeit absetzen. Ab dem Jahr 2023 kann er zusätzlich die Pauschale von 6 EUR geltend machen, da er seine Tätigkeit an diesem Tag überwiegend im Homeoffice erbracht hat. Wären die zeitlichen Komponenten umgekehrt (drei Stunden Homeoffice und fünf Stunden Außendienst), könnte AN nur die Kosten der Auswärtstätigkeit und nicht die Homeoffice-Pauschale absetzen.
Homeoffice mit Fahrt zur ersten Tätigkeitsstätte
Arbeitnehmer AN ist an einem Tag am Vormittag für fünf Stunden im Homeoffice tätig. Am Nachmittag fährt er dann für drei Stunden zu seiner ersten Tätigkeitsstätte bei seinem Arbeitgeber.
Lösung: AN kann lediglich die Entfernungspauschale für die Fahrt zur ersten Tätigkeitsstätte absetzen. Die Homeoffice-Pauschale ist nicht zu berücksichtigen.
Wie bereits ausgeführt, gibt es in den Fällen „kein anderer Arbeitsplatz“ ab dem Jahr 2023 nur noch die Möglichkeit, die Homeoffice-Pauschale anzusetzen. Um einen Ersatz zu schaffen, wurde eine Sonderregelung eingeführt (vgl. die Ausführungen im ersten MERKE-Kasten unter dem Gliederungspunkt 8).
L hat ermittelt, dass sie im Jahr 2023 an 180 Tagen in der Schule Unterricht geleistet hat. An den 180 Nachmittagen hat sie dann den Unterricht im Arbeitszimmer nach- bzw. für den folgenden Tag vorbereitet. An 40 Tagen hat sie ausschließlich im Arbeitszimmer gearbeitet.
Lösung: Ohne die Sonderregelung könnte L die Homeoffice-Pauschale nur für 40 Tage beanspruchen (40 Tage × 6 EUR = 240 EUR). An den weiteren 180 Tagen würde ein Abzug ausscheiden, da sie ihre erste Tätigkeitsstätte aufgesucht hat. Für diese Tage könnte sie jedoch die Entfernungspauschale ansetzen.
Aufgrund der Sonderregelung werden jedoch auch diese 180 Tage für die Homeoffice-Pauschale berücksichtigt, sodass L die Pauschale für insgesamt 220 Tage nutzen kann. Das sind dann 1.320 EUR (220 Tage × 6 EUR); jedoch greift die Deckelung auf den Höchstbetrag von 1.260 EUR. Die Fahrtkosten zur ersten Tätigkeitsstätte (180 Tage) kann L parallel absetzen.
Effektiv wird L durch den Wegfall der Abzugsmöglichkeiten für ihr häusliches Arbeitszimmer nicht schlechter gestellt. Sie kann sogar jährlich 10 EUR mehr absetzen als bis dato.
9. Häusliches Arbeitszimmer bei Verkauf der Immobilie
Dass ein häusliches Arbeitszimmer bei der Veräußerung der Immobilie unter Umständen zur Steuerfalle werden kann, verdeutlicht das folgende Beispiel:
Beispiel
Der ledige Syndikusanwalt M ist (hauptberuflich) in einem mittelständischen Industrieunternehmen angestellt und (nebenberuflich) als Rechtsanwalt selbstständig tätig.
M hat mit Wirkung zum 1.1.2021 eine Eigentumswohnung (160 qm Nutzfläche) für 150.000 EUR erworben. Einen Raum (16 qm) nutzt er als häusliches Arbeitszimmer für seine nebenberufliche Tätigkeit als Rechtsanwalt. Im Rahmen der Einnahmen-Überschussrechnung hat er 1.250 EUR (Rechtslage bis einschließlich 2022) als Betriebsausgaben geltend gemacht.
Beachten Sie | Ein Syndikusanwalt kann für sein häusliches Arbeitszimmer grundsätzlich nur den begrenzten Betriebsausgabenabzug geltend machen (vgl. BFH 13.4.2010, Az. VIII R 27/08).
Mit Wirkung zum 2.1.2023 wurde die Wohnung für 200.000 EUR verkauft. Die Veräußerungskosten (Makler etc.) haben 4.000 EUR betragen.
Frage: Muss M einen Veräußerungsgewinn versteuern?
Nach den Einkommensteuerrichtlinien (R 4.2 Abs. 7 S. 1 EStR) gehört das Arbeitszimmer grundsätzlich zum notwendigen Betriebsvermögen, da es ausschließlich und unmittelbar für eigenbetriebliche Zwecke genutzt wird. Eine Ausnahme besteht allerdings bei Grundstücksteilen von untergeordnetem Wert.
Nach § 8 Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) müssen eigenbetrieblich genutzte Grundstücksteile nicht als Betriebsvermögen behandelt werden, wenn
ihr Wert nicht mehr als ein Fünftel des gemeinen Werts des gesamten Grundstücks und
nicht mehr als 20.500 EUR beträgt.
Das häusliche Arbeitszimmer umfasst vorliegend nur 10 % der gesamten Nutzfläche. Da darüber hinaus auch die nominelle Wertgrenze von 20.500 EUR unterschritten ist, ist das häusliche Arbeitszimmer im Ergebnis nicht (zwingend) als Betriebsvermögen zu behandeln, sodass insoweit eine Versteuerung des Veräußerungsgewinns unterbleiben kann.
MERKE | Aufwendungen für einen eigenbetrieblich genutzten Grundstücksteil sind auch dann als Betriebsausgaben abzugsfähig, wenn der Grundstücksteil wegen seines untergeordneten Werts nicht als Betriebsvermögen behandelt wird (R 4.7 Abs. 2 EStR).
Wird das häusliche Arbeitszimmer nicht im Betriebsvermögen, sondern im Privatvermögen gehalten, war lange strittig, wie hier zu verfahren ist. Doch nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH 1.3.2021, Az. IX R 27/19) besteht nun Klarheit und zwar zugunsten der Steuerpflichtigen und entgegen der bisherigen Sichtweise der Finanzverwaltung.
Zum Hintergrund: Die Besteuerung des Veräußerungsgewinns eines innerhalb des Zehnjahreszeitraums veräußerten Grundstücks wird vermieden, wenn
das Wirtschaftsgut im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken oder
im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde. Dies regelt § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 EStG.
Nach der Entscheidung des Bundesfinanzhofs ist der Gewinn aus dem Verkauf eines selbstgenutzten Wohneigentums auch insoweit steuerfrei, als er auf ein zur Erzielung von Überschusseinkünften (beispielsweise Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit) genutztes häusliches Arbeitszimmer entfällt.
MERKE | Eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken liegt auch hinsichtlich eines in der im Übrigen selbst bewohnten Eigentumswohnung befindlichen häuslichen Arbeitszimmers vor.
Denn nach den Ausführungen des Bundesfinanzhofs gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber ein häusliches Arbeitszimmer von der Begünstigung ausnehmen wollte.
| Der Entwurf der Bundesregierung für ein Jahressteuergesetz (JStG) 2022 beinhaltet u. a. Neuerungen für den Abzug von Aufwendungen für Tätigkeiten im Arbeitszimmer und in der häuslichen Wohnung. Zudem ist vor allem auf eine Freistellung von der Einkommen- und Umsatzsteuer bei Photovoltaik-Kleinanlagen hinzuweisen. |
Tätigkeiten im Arbeitszimmer und in der häuslichen Wohnung
Der Abzug von Aufwendungen für Tätigkeiten im Arbeitszimmer und in der häuslichen Wohnung soll ab 2023 neu geregelt werden. Vor allem die Gesetzesbegründung liefert hierzu folgende Details:
Häusliches Arbeitszimmer
Ein häusliches Arbeitszimmer ist ein Raum, der seiner Lage nach in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden ist und nach Ausstattung und Funktion der Erledigung betrieblicher oder beruflicher Arbeiten überwiegend büromäßiger Art dient. Bisher sind Aufwendungen (z. B. Miete und Strom) wie folgt abzugsfähig:
Bis zu 1.250 EUR jährlich, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht,
ohne Höchstgrenze, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.
Steuerpflichtige, die ein häusliches Arbeitszimmer nutzen und denen dauerhaft (hierzu erfolgt leider keine weitere Definition) kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, können ihre Aufwendungen weiterhin als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehen. Der Höchstbetrag von 1.250 EUR soll in einen Pauschbetrag in gleicher Höhe umgewandelt werden. Diese Jahrespauschale soll für die gesamte Betätigung gewährt werden.
Üben Steuerpflichtige verschiedene betriebliche oder berufliche Tätigkeiten aus und sind die Voraussetzungen für die Jahrespauschale jeweils erfüllt, ist die Pauschale auf die Tätigkeiten aufzuteilen (keine Vervielfachung). Zudem ist die Jahrespauschale raumbezogen anzuwenden (keine personenbezogene Vervielfältigung).
Beachten Sie | Ein Abzug der Tagespauschale bei einer häuslichen Wohnung (vgl. dazu später mehr) ist neben dem Abzug der Jahrespauschale für eine andere Tätigkeit nicht zulässig.
Bildet das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung, soll ein vollständiger Abzug der Kosten nicht mehr möglich sein (Verschärfung), soweit
ein anderer Arbeitsplatz für die im häuslichen Arbeitszimmer ausgeübten Betätigungen dauerhaft zur Verfügung steht und
die Nutzung des Arbeitszimmers zur Betätigungsausübung nicht erforderlich ist (entgegen der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs).
Muss die Tätigkeit nur tageweise in der häuslichen Wohnung ausgeübt werden, weil den Steuerpflichtigen an den übrigen Arbeitstagen ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, kommt ein Abzug der Aufwendungen nur über die Tagespauschale bei einer häuslichen Wohnung in Betracht.
MERKE | In „Mittelpunktsfällen ohne anderen Arbeitsplatz“ sollen die Steuerpflichtigen zwischen dem Abzug der tatsächlichen Kosten und der Jahrespauschale (1.250 EUR) wählen können.
Häusliche Wohnung
Nach der Gesetzesbegründung hat sich die infolge der Coronapandemie eingeführte Homeoffice-Pauschale als vereinfachende Regelung für Sachverhalte bewährt, in denen kein dem Typusbegriff entsprechendes häusliches Arbeitszimmer zur Verfügung steht, sondern z. B. nur eine „Arbeitsecke“.
Für alle Fälle der betrieblichen und beruflichen Betätigung in der häuslichen Wohnung soll (weiterhin) ein Abzug in Form einer Tagespauschale von 5 EUR gewährt werden. Der jährliche Höchstbetrag soll um 400 EUR auf 1.000 EUR (= 200 Tage)erhöht werden.
MERKE | Erfüllen Steuerpflichtige die Voraussetzungen für den Abzug tatsächlicher Kosten oder für den Abzug der Jahrespauschale für ein häusliches Arbeitszimmer, können sie zwischen diesen Abzügen und dem Abzug der Tagespauschale wählen. Ein Abzug von tatsächlichen Kosten, Jahres- oder Tagespauschale nebeneinander ist allerdings nicht zulässig.
Der Betrag von 5 EUR gilt für jeden Kalendertag, an dem die betriebliche oder berufliche Tätigkeit überwiegend in der häuslichen Wohnung ausgeübt und die erste Tätigkeitsstättenicht aufgesucht wird.
Der Ausschluss (Pauschale in Höhe von 5 EUR und Entfernungspauschale für Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte) gilt aber nicht, wenn dem Steuerpflichtigen für die Betätigung kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Hier kann sowohl die Entfernungs- als auch die Tagespauschale abgezogen werden.
Beachten Sie | Im Gegensatz zur bisherigen Homeoffice-Pauschale schließt der Abzug von Reisekosten (bei einer Auswärtstätigkeit) den Abzug der Tagespauschale nicht grundsätzlich aus.
Und noch drei weitere Anmerkungen enthält die Gesetzesbegründung:
MERKE | Können Steuerpflichtige Unterkunftskosten für eine doppelte Haushaltsführung abziehen, ist ein zusätzlicher Abzug der Tagespauschale nicht zulässig, soweit die Steuerpflichtigen ihre betriebliche oder berufliche Betätigung in der Wohnung ausüben, für die die Mehraufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung abgezogen werden können.
Üben Steuerpflichtige verschiedene Tätigkeiten aus, sind sowohl die Tagespauschale (5 EUR) als auch der Höchstbetrag von 1.000 EUR auf die Betätigungen aufzuteilen.
Ein Abzug der Tagespauschale ist auch zulässig, wenn ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht.
Kleine Photovoltaikanlagen
Bei kleinen Photovoltaikanlagen mit hohen Anlaufverlusten kommt es oft zu Streitigkeiten mit dem Finanzamt, wenn die Gewinnerzielungsabsicht angezweifelt wird. Daher gewährt die Finanzverwaltung für Anlagen mit einer installierten Leistung von bis zu 10 kW seit geraumer Zeit ein Wahlrecht (= steuerlich unbeachtliche Liebhaberei auf Antrag des Steuerpflichtigen).
Dieses Wahlrecht soll nun durch eine gesetzliche Steuerbefreiung ersetzt werden. Diese soll unabhängig vom Zeitpunkt der Inbetriebnahme der Photovoltaikanlage für Einnahmen und Entnahmen gelten, die nach dem 31.12.2022 erzielt oder getätigt werden.
Vereinfacht soll eine Steuerbefreiung eingeführt werden für Einnahmen aus dem Betrieb von Photovoltaikanlagen bis zu einer Bruttonennleistung (laut Marktstammdatenregister)
von 30 kW auf Einfamilienhäusern und Gewerbeimmobilien bzw.
15 kW je Wohn- und Gewerbeeinheit bei übrigen, überwiegend zu Wohnzwecken genutzten Gebäuden (z. B. Mehrfamilienhäuser, gemischt genutzte Immobilien).
Auch umsatzsteuerliche Aspekte sollen im JStG 2022 geregelt werden: Für die Lieferung, den innergemeinschaftlichen Erwerb, die Einfuhr und die Installation von Photovoltaikanlagen und Stromspeichern soll zukünftig ein Nullsteuersatz gelten,
soweit es sich um eine Leistung an den Betreiber der Photovoltaikanlage handelt und
die Anlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert wird.
MERKE | Da Betreiber von Photovoltaikanlagen bei der Anschaffung der Anlage nicht mehr mit Umsatzsteuer belastet werden, erübrigen sich auch die Fragen zum Vorsteuerabzug.
Weitere Aspekte
Die lineare Gebäude-Abschreibung soll für neue Wohngebäude, die nach dem 30.6.2023 fertiggestellt werden, auf 3 % erhöht werden. Die Regelung, wonach die Abschreibung in Ausnahmefällen nach einer begründeten tatsächlich kürzeren Nutzungsdauer bemessen werden kann, soll gestrichen werden.
Bei der Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen ist als Werbungskosten ein Sparer-Pauschbetrag abzuziehen. Dieser Pauschbetrag soll ab 2023 von 801 EUR auf 1.000 EUR erhöht werden (bei Ehegatten von 1.602 EUR auf 2.000 EUR).
Der bisher ab 2025 vorgesehene vollständige Sonderausgabenabzug für Altersvorsorgeaufwendungen soll auf 2023 vorgezogen werden. Damit erhöhen sich die abzugsfähigen Aufwendungen in 2023 um 4 % und in 2024 um 2 %.
Der Ausbildungsfreibetrag soll 2023 von derzeit 924 EUR auf 1.200 EUR angehoben werden. Er wird gewährt, wenn ein volljähriges Kind, für das Anspruch auf Kindergeld oder auf einen -freibetrag besteht, sich in einer Berufsausbildung befindet und auswärtig untergebracht ist.
Quelle | Regierungsentwurf für ein Jahressteuergesetz 2022 vom 14.9.2022; BMF, PM vom 14.9.2022
24. Juni 2022
von MargitSchunke Kommentare deaktiviert für Steuerentlastungen 2022: Das verabschiedete Gesetz im Überblick
| Um die steigenden Energiepreise abzufedern, hat die Bundesregierung steuerliche Entlastungen auf den Weg gebracht, denen der Bundesrat am 20.5.2022 zugestimmt hat. |
Folgende Erleichterungen werden rückwirkend ab 1.1.2022 umgesetzt:
Der Arbeitnehmer-Pauschbetrag wird um 200 EUR auf 1.200 EUR angehoben.
Der Grundfreibetrag, bis zu dessen Höhe keine Einkommensteuer gezahlt werden muss, steigt um 363 EUR von 9.984 EUR auf 10.347 EUR.
Die Entfernungspauschale wird abdem 21. Kilometer befristet bis 2026 von 35 Cent auf 38 Cent erhöht. Dieser Schritt erfolgt nun zwei Jahre eher als ursprünglich geplant.
Beachten Sie | Für die ersten 20 Kilometer beträgt die Pauschale unverändert 30 Cent pro Entfernungskilometer.
Energiepreispauschale und Kinderbonus
Zudem erhalten Erwerbstätige, Selbstständige und Gewerbetreibende eine einmalige steuerpflichtige Energiepreispauschale von 300 EUR. Die Auszahlung erfolgt ab September 2022 über die Lohnabrechnung des Arbeitgebers.
Beachten Sie | Selbstständige erhalten einen Vorschuss über eine einmalige Senkung ihrer Einkommensteuer-Vorauszahlung.
Für jedes Kind, für das Anspruch auf Kindergeld besteht, gibt es einen Einmalbonus von 100 EUR. Die Zahlung erfolgt ab Juli 2022 und wird auf den Kinderfreibetrag angerechnet.
Quelle | Steuerentlastungsgesetz 2022, BGBl I 2022, S. 749; Bundesregierung vom 20.5.2022 „Steuerliche Erleichterungen beschlossen“
30. Oktober 2021
von MargitSchunke Kommentare deaktiviert für Zur Umsatzsteuerpflicht von physiotherapeutischen Leistungen
| Das Finanzgericht Düsseldorf hat aktuell zur Umsatzsteuerpflicht physiotherapeutischer und allgemein der Gesundheitsförderung dienender Leistungen ohne ärztliche Verordnung entschieden. |
Hintergrund
Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, Physiotherapeut, Hebamme oder einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit durchgeführt werden, sind von der Umsatzsteuer befreit.
MERKE | Steuerbegünstigt sind aber nur solche Maßnahmen, die ein medizinisch-therapeutisches Ziel verfolgen. Umsatzsteuerbefreite Heilbehandlungen sind Tätigkeiten, die zur Vorbeugung, Diagnose, Behandlung und, soweit möglich, zur Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen bei Menschen vorgenommen werden.
Sachverhalt
Ein Gesundheitsdienstleister im Bereich der Physiotherapie behandelte physiotherapeutische Leistungen an Patienten, die ihre Therapien im Anschluss an eine ärztliche Verordnung auf eigene Rechnung fortgesetzt hatten (Selbstzahler), als umsatzsteuerfrei. Begründung: Es handele sich um umsatzsteuerfreie Heilbehandlungen, eine fortlaufende Verordnung sei nicht zwingend erforderlich. Zudem seien gesondert in Rechnung gestellte Nebenleistungen (Kinesio-Taping, Wärme- und Kältetherapie, Extensionsbehandlung, bestimmte zertifizierte Kurse, Rehasport und zusätzliche Gerätetrainingsmöglichkeiten) ebenfalls nicht umsatzsteuerpflichtig, da sie im Zusammenhang mit steuerfreien Heilbehandlungen stünden.
Das Finanzamt vertrat dagegen die Ansicht, der Gesundheitsdienstleister habe für die Umsätze, die auf Selbstzahler entfielen, den therapeutischen Zweck der Leistungen nicht nachgewiesen. Bei den übrigen Leistungen handele es sich um optionale Leistungen und nicht um unselbstständige Nebenleistungen.
Nach der Entscheidung des Finanzgerichts stellen die im Bereich des Rehasports erbrachten Leistungen steuerfreie Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin dar. Dies ist durch die ärztlichen Verordnungen nachgewiesen.
Auch die Erlöse von Selbstzahlern sind zum Teil steuerfrei. Der Therapiezweck ist dabei aber nur in den Fällen nachgewiesen, in denen bereits vor der Anschlussbehandlung eine ärztliche Verordnung vorgelegen hat und spätestens nach Ablauf eines Jahres wegen derselben chronischen Erkrankung eine erneute ärztliche Verordnung zur Physiotherapie vorgelegt wurde.
Hinsichtlich der übrigen Leistungen hat das Finanzgericht die Klage als unbegründet abgewiesen. Denn der Gesundheitsdienstleister konnte nicht nachweisen, dass diese Leistungen einen über die allgemeine Gesundheitsförderung hinausgehenden therapeutischen Zweck hatten. Insbesondere lagen keine ärztlichen Verordnungen vor und die Leistungen waren auch nicht unerlässlicher Bestandteil der Leistungen Physiotherapie und Rehasport.
Quelle | FG Düsseldorf, Urteil vom 16.4.2021, Az. 1 K 2249/17 U, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 223561; FG Düsseldorf, Newsletter August/September 2021
1. September 2021
von MargitSchunke Kommentare deaktiviert für Kleine Fotovoltaikanlagen: Steuerlich unbeachtliche Liebhaberei auf Antrag
| Bei kleinen Fotovoltaikanlagen kommt es oft zu Streitigkeiten mit dem Finanzamt, wenn die Gewinnerzielungsabsicht angezweifelt wird. Das ist meist der Fall, wenn in den ersten Jahren höhere Verluste erwirtschaftet werden. Diesen Streit möchte das Finanzamt ab sofort vermeiden. Damit künftig keine aufwendigen und streitanfälligen Ergebnisprognosen für die Beurteilung der Gewinnerzielungsabsicht vom Steuerpflichtigen erstellt und vom Finanzamt geprüft werden müssen, hat die Finanzverwaltung eine praxistaugliche Vereinfachung geschaffen. |
Keine Gewinnerzielungsabsicht auf Antrag
Auf schriftlichen Antrag des Steuerpflichtigen ist aus Vereinfachungsgründen ohne weitere Prüfung in allen offenen Veranlagungszeiträumen zu unterstellen, dass die Fotovoltaikanlage nicht mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird. Es liegt damit eine steuerlich unbeachtliche Liebhaberei vor. Der Antrag wirkt auch für die Folgejahre.
Durch die Antragstellung wird auch für alle verfahrensrechtlich noch offenen Veranlagungszeiträume der Vergangenheit unterstellt, dass keine Gewinnerzielungsabsicht vorliegt. Die Folge ist, dass auch in bereits vergangenen Jahren keine Gewinne versteuert werden müssen bzw. Verluste verrechenbar sind. Erfolgten Steuerfestsetzungen z. B. unter dem Vorbehalt der Nachprüfung bzw. ergingen sie insoweit vorläufig, sind die Steuerfestsetzungen zu ändern und Gewinne bzw. Verluste nicht weiter zu berücksichtigen. Gewinne oder Verluste bleiben nur dann bestehen, wenn sie in einem verfahrensrechtlich nicht mehr änderbaren Steuerbescheid berücksichtigt wurden.
PRAXISTIPP | Eine Antragstellung kann vor allem sinnvoll sein, wenn bereits für ältere Jahre Verluste anerkannt wurden und diese Jahre nicht geändert werden können. Dann bleiben diese Verluste steuerlich erhalten, künftige Gewinne unterliegen jedoch nicht der Besteuerung.
Wird kein entsprechender Antrag durch den Steuerpflichtigen gestellt, bleibt es bei dem ursprünglichen Verfahren. Die Gewinnerzielungsabsicht ist dann nach den allgemeinen Grundsätzen zu prüfen.
Nur kleine Anlagen sind begünstigt
Die Liebhaberei auf Antrag gilt für kleine Fotovoltaikanlagen mit einer installierten Leistung von bis zu 10 kW, wenn die Inbetriebnahme nach dem 31.12.2003 erfolgte. Zudem muss sich die Fotovoltaikanlage auf einem zu eigenen Wohnzwecken genutzten oder auf einem unentgeltlich überlassenen Ein- oder Zweifamilienhaus einschließlich dessen Außenanlagen (z. B. Garagen) befinden.
Eine Anwendung ist damit ausgeschlossen, wenn die Anlage auf einem vermieteten oder gewerblich genutzten Grundstück oder auf einem Mehrfamilienhaus installiert wurde. Bei der Prüfung, ob es sich um ein zu eigenen Wohnzwecken genutztes Ein- und Zweifamilienhaus handelt, ist ein häusliches Arbeitszimmer unbeachtlich. Gleiches gilt für Räume (z. B. Gästezimmer), die nur gelegentlich entgeltlich vermietet werden, wenn die Einnahmen hieraus 520 EUR im Veranlagungszeitraum nicht überschreiten.
Beachten Sie | Die Neuerungen gelten auch für kleine Blockheizkraftwerke mit einer installierten Leistung von bis zu 2,5 kW. Voraussetzung ist allerdings auch hier, dass sich das Blockheizkraftwerk in einem eigengenutzten oder unentgeltlich überlassenen Ein- oder Zweifamilienhaus befindet und die Inbetriebnahme nach dem 31.12.2003 erfolgte.
Liegen die Voraussetzungen der Liebhaberei auf Antrag in vorangehenden Jahren nicht vor oder ändern sich in künftigen Veranlagungszeiträumen die Verhältnisse (z. B. Vergrößerung der Anlage oder Nutzungsänderung des Gebäudes), gilt der Antrag insoweit nicht. Zudem ist der Steuerpflichtige verpflichtet, dem Finanzamt einen Wegfall der Voraussetzungen für die Vereinfachungsregelung in künftigen Jahren schriftlich mitzuteilen.
Umsatzsteuerliche Hinweise
Die vorgenannten Ausführungen gelten für die Einkommensteuer. Umsatzsteuerlich ist es unbeachtlich, ob die Anlage mit Gewinn oder Verlust betrieben wird. Hier kommt es für die Unternehmereigenschaft darauf an, ob mit der Anlage Einnahmen erzielt werden sollen.
Quelle | BMF-Schreiben vom 2.6.2021, Az. IV C 6 – S 2240/19/10006 :006, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 222838
1. August 2021
von MargitSchunke Kommentare deaktiviert für Gesetzgebung: Das neue Optionsmodell zur Körperschaftsteuer
| Der Bundesrat hat dem Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts am 25.6.2021 zugestimmt. Dahinter verbirgt sich ein gewaltiger Paradigmenwechsel: Die Einführung einer Option zur Körperschaftsteuer für Personenhandelsgesellschaften und Partnerschaftsgesellschaften. |
Mit der Option wird z. B. den Gesellschaftern einer GmbH & Co. KG ein Wahlrecht eingeräumt, ob sie
weiterhin der Besteuerung des Einkommensteuergesetzes unterworfen werden wollen oder
in das Trennungsprinzip der Körperschaftsteuer wechseln möchten.
Kernpunkt der Neuregelung ist die Fiktion eines Formwechsels. Das bedeutet: Obwohl der Rechtsträger zivilrechtlich nicht „das Kleid“ der Personengesellschaft wechselt, werden die Folgen steuerlich so gezogen, als ob ein solcher Wechsel erfolgt wäre.
MERKE | Die Option hat also keinen Einfluss auf die zivilrechtliche Rechtsform der Gesellschaft. Somit führt die Gesellschaft für handelsbilanzielle Zwecke weiterhin veränderliche Kapitalanteile für ihre Gesellschafter.
Antrag und erstmalige Anwendung
Der Antrag ist von der Personenhandels- oder Partnerschaftsgesellschaft spätestens einen Monat vor Beginn des Wirtschaftsjahrs zu stellen, ab dem die Besteuerung wie eine Kapitalgesellschaft gelten soll.
Beachten Sie | Der Antrag ist nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung abzugeben. Nur in Härtefällen (so die Gesetzesbegründung) ist auch ein schriftlicher Antrag nach amtlichem Muster möglich.
Erstmalige Anwendung: Die Option zur Körperschaftsteuer kann erstmals für Wirtschaftsjahre ausgeübt werden, die nach dem 31.12.2021 beginnen. Dafür muss der Antrag in 2021 rechtzeitig gestellt werden.
Hat eine Gesellschaft zur Körperschaftsbesteuerung optiert, kann sie beantragen, dass sie nicht mehr wie eine Kapitalgesellschaft und ihre Gesellschafter nicht mehr wie die nicht persönlich haftenden Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft behandelt werden (Rückoption).
Wesentliche Änderungen
Auf Ebene der (ehemaligen) Mitunternehmer wird das bisherige Sonderbetriebsvermögen vollständig negiert.
Hintergrund: Das Sonderbetriebsvermögen umfasst Wirtschaftsgüter, die dem Mitunternehmer zuzurechnen sind, aber dem Betrieb der Personengesellschaft dienen. Sie werden in die steuerliche Gewinnermittlung der Personengesellschaft einbezogen.
Der Wegfall des Sonderbetriebsvermögens hat insbesondere folgende Auswirkungen:
Tätigkeitsvergütungen werden ab dem Optionsjahr den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit zugerechnet.
Vergütungen für die Überlassung von Wirtschaftsgütern werden den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nach § 21 Einkommensteuergesetz (EStG) bzw. den sonstigen Einkünften nach § 22 EStG zugerechnet, soweit nicht die entsprechende Subsidiaritätsklausel zu gewerblichen Einkünften führt.
Zudem ist zu beachten, dass die Gewinnanteile der Gesellschafter nach wirksamer Option den Einkünften des § 20 EStG (Einkünfte aus Kapitalvermögen) zuzurechnen sind.
Beachten Sie | Diese Gewinnanteile gelten erst dann als ausgeschüttet, wenn sie entnommen werden oder ihre Auszahlung verlangt werden kann.
MERKE | Funktional wesentliches Sonderbetriebsvermögen: Die gesetzlich fingierte formwechselnde Umwandlung ist nur dann steuerlich unschädlich, wenn das Sonderbetriebsvermögen der Mitunternehmer auf die optierende Gesellschaft übertragen wird.
Mit dem Wirksamwerden der Option können auch verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) vorliegen. Die Vereinbarungen zwischen Gesellschaft und Gesellschafter müssen sich dem sogenannten Fremdvergleichsgrundsatz stellen.
Hintergrund: Bei einer vGA handelt es sich vereinfacht um Vermögensvorteile, die dem Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung gewährt werden. Eine vGA darf den Gewinn der Gesellschaft nicht mindern.
MERKE | Im Geltungsbereich des Sonderbetriebsvermögens einer Mitunternehmerschaft sind derartige Vereinbarungen grundsätzlich frei von solchen Zwängen. Somit müssen die Gesellschaftsverträge der optierenden Gesellschaft einer genaueren Prüfung unterzogen werden.
Anmerkungen
Das Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts ist im Grunde genommen zu begrüßen, zumal hier echtes Gestaltungspotenzial besteht. Ob die Option zur Körperschaftsteuer beantragt werden soll, ist jedoch nicht pauschal zu beantworten, sondern vom jeweiligen Einzelfall abhängig.
In seiner Stellungnahme zum Regierungsentwurf hat der Deutsche Steuerberaterverband e. V. (DStV) u. a. kritisiert, dass die Praxis vom Bundesfinanzministerium im Vorfeld des Kabinettsbeschlusses keine Möglichkeit zur Stellungnahme erhalten habe. Hier hätte sich der DStV eine deutlich längere Vorlaufzeit zur Beurteilung der Praktikabilität des Vorhabens gewünscht.
Zudem sind vor einer Option u. a. folgende Aspekte zu beachten:
Die optierende Gesellschaft gilt zivilrechtlich als Personengesellschaft, steuerlich wird sie aber als Kapitalgesellschaft behandelt. Somit müssen bei einer Gesellschaft beide Rechtssysteme beachtet werden.
In die komplexen Abwägungsentscheidungen sind auch Verlustvorträge einzubeziehen.
Quelle | Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts, BR-Drs. 467/21 (B) vom 25.6.2021; DStV vom 29.4.2021, Stellungnahme zum „Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts“
4. Mai 2021
von MargitSchunke Kommentare deaktiviert für Reform der Grundsteuer
| Die Reform der Grundsteuer betrifft jeden Bürger egal ob es sich um Eigentümer oder Mieter handelt. Und Fakt ist auch, dass die Neubewertung der über 35 Millionen Grundstücke zu einer echten Herkulesaufgabe werden wird. Grund genug, das alte und neue Prozedere bei der Berechnung der Grundsteuer vorzustellen. |
1. Derzeitige Berechnung
Nach der aktuellen Rechtslage sind Einheitswerte neben den Steuermesszahlen und den von den Gemeinden festgelegten Hebesätzen Grundlage für die Bemessung der Grundsteuer. Dabei ist folgende Formel relevant:
Berechnungsformel
Einheitswert x Grundsteuermesszahl x Grundsteuerhebesatz
1.1 Einheitswert
Maßgebend für die Feststellung der Einheitswerte sind in den „alten“ Bundesländern und West-Berlin die Wertverhältnisse im Hauptfeststellungszeitpunkt 1.1.1964. In den „neuen“ Bundesländern gilt sogar der 1.1.1935. Die Einheitswerte werden von den Finanzämtern festgesetzt.
Beachten Sie | Die Vorgabe, alle sechs Jahre eine erneute Hauptfeststellung durchzuführen, wurde nicht bzw. nie umgesetzt.
Einheitswerte werden unter gewissen Voraussetzungen neu festgestellt. Zu unterscheiden sind insbesondere:
Wertfortschreibung,
Artfortschreibung (Beispiel: aus einem Einfamilienhaus entsteht durch Umbau ein Zweifamilienhaus),
Wird der Einheitswert mit der Steuermesszahl multipliziert, erhält man den Grundsteuermessbetrag. Die Steuermesszahlen sind Tausendsätze. Sie hängen u. a. davon ab, ob es sich um ein Ein- oder ein Zweifamilienhaus handelt.
1.3 Grundsteuerhebesatz
Auf den Grundsteuermessbetrag wird dann der von der Gemeinde festgelegte Grundsteuerhebesatz angewandt.
Es werden zwei Arten unterschieden:
Grundsteuer A (agrarisch für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft) sowie
Grundsteuer B (baulich für bebaute oder bebaubare Grundstücke).
Berechnungsbeispiel
Der vom Finanzamt festgestellte Einheitswert für ein Einfamilienhaus beträgt 30.000 EUR. In der Variante 1 befindet sich die Immobilie in Selm (Hebesatz = 825 %). In der Variante 2 in Mettmann (Hebesatz = 480 %).
Die Grundsteuermesszahl beträgt 2,6 Promille, sodass sich ein Grundsteuermessbetrag von 78 EUR ergibt.
In der Variante 1 (Selm) müssen Eigentümer somit Grundsteuer in Höhe von 643,50 EUR im Jahr bezahlen.
In der Variante 2 (Mettmann) sind es hingegen nur 374,40 EUR.
MERKE | Das Beispiel zeigt, dass der Hebesatz der jeweiligen Gemeinde enorme Auswirkungen auf die Höhe der Grundsteuer hat.
2. Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
Die Regelungen zur Einheitsbewertung von Grundvermögen in den „alten“ Bundesländern sind nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 10.4.2018 jedenfalls seit Beginn 2002 mit dem allgemeinen Gleichheitssatz unvereinbar. Das Festhalten des Gesetzgebers an dem Hauptfeststellungszeitpunkt von 1964 führt zu gravierenden Ungleichbehandlungen bei der Bewertung von Grundvermögen, die nicht ausreichend gerechtfertigt sind.
Beachten Sie | Das Bundesverfassungsgericht musste nur zur Bewertung in den „alten“ Bundesländern entscheiden. Die Urteilsgründe gelten aber erst Recht für das Beitrittsgebiet, da hier auf den 1.1.1935 abgestellt wird.
Das Bundesverfassungsgericht hatte dem Gesetzgeber eine Frist zur Neuregelung spätestens bis zum 31.12.2019 gesetzt. Nach Verkündung einer Neuregelung dürfen die beanstandeten Regelungen aber noch für weitere fünf Jahre ab der Verkündung, längstens aber bis zum 31.12.2024, angewandt werden.
Beachten Sie | Die lange Übergangsregelung ist dem enormen administrativen Aufwand geschuldet. Denn es müssen bundesweit mehr als 35 Millionen Grundstücke neu bewertet werden.
3. Gesetzliche Neuregelung im Überblick
Ab 2025 wird die Grundsteuer durch die Kommunen nach neuen Regeln erhoben. Die erste Hauptfeststellung (Feststellung der neuen Grundstückswerte nach neuem Recht) erfolgt bereits auf den Stichtag 1.1.2022.
Beachten Sie | Die nächste darauffolgende Hauptfeststellung wird dann auf den 1.1.2029 erfolgen. Es ist somit von einem siebenjährigen Hauptfeststellungszeitraum auszugehen.
Die Neuregelungen basieren auf drei Gesetzen, denen der Bundestag und Bundesrat in 2019 zugestimmt haben:
Gesetz zur Reform des Grundsteuer- und Bewertungsrechts,
Gesetz zur Änderung des Grundsteuergesetzes zur Mobilisierung von baureifen Grundstücken für die Bebauung,
Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes.
Das dreistufige Verfahren (Bewertung, Steuermessbetrag, Hebesatz der Gemeinde) bleibt erhalten. Der bisherige Begriff „Einheitswert“ wird durch den Begriff „Grundsteuerwert“ ersetzt.
Neu ist insbesondere, dass die Grundstücke nach einem wertabhängigen Modell bewertet werden, wobei es vor allem auf folgende Faktoren ankommt:
Wert des Bodens (Bodenrichtwert),
Höhe der statistisch ermittelten Nettokaltmiete,
Grundstücksfläche,
Immobilienart und
Alter des Gebäudes.
Beachten Sie | Nach der Grundgesetzänderung haben die Bundesländer die Möglichkeit, vom Bundesrecht abweichende Regelungen zu treffen (sogenannte Öffnungsklausel).
4. Öffnungsklausel für die Bundesländer
Bayern hat schon früh im Gesetzgebungsverfahren angekündigt, die Grundsteuer wertunabhängig nach den Flächen von Grundstücken und Gebäuden erheben zu wollen.
Als erstes Bundesland hat Baden-Württemberg ein eigenständiges Landesgesetz zur Grundsteuer verabschiedet. Dabei handelt es sich um ein modifiziertes Bodenwertmodell, das im Kern auf zwei Kriterien basiert: der Grundstücksfläche und dem Bodenrichtwert. Für die Berechnung werden beide Werte miteinander multipliziert. Auf die Bebauung kommt es für die Bewertung nicht an. Eine Modifizierung erfolgt anschließend bei Anwendung der Steuermesszahl: Für überwiegend zu Wohnzwecken genutzte Grundstücke erfolgt ein Abschlag in Höhe von 30 %.
Auch Hamburg strebt einen eigenen Weg an und will dabei sowohl die Fläche als auch die Lage des Grundstücks berücksichtigen. Niedersachsen erwägt ein Modell, das auf dem Flächenmodell aufbaut und kommunale Lagefaktoren bei der Berechnung mit einfließen lässt.
Das Saarland will das Bundesmodell zwar weitgehend übernehmen. Die Öffnungsklausel soll aber dennoch genutzt werden. Auch Sachsen und Hessen planen dem Vernehmen nach mit einer Öffnungsklausel.
Demgegenüber gibt es in Schleswig-Holstein, Berlin, Thüringen, Rheinland-Pfalz, Bremen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg Bestrebungen, das wertabhängige Konzept des Bundes zu übernehmen.
Zu den Plänen in Nordrhein-Westfalen und Mecklenburg-Vorpommern gibt es noch keine belastbaren Informationen.
Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf das wertabhängige Modell (Bundesmodell).
5. Das zählt zum Grundvermögen
Zum Grundvermögen gehören nach § 243 Abs. 1 Bewertungsgesetz (BewG):
der Grund und Boden, das Gebäude, sonstige Bestandteile und das Zubehör,
das Erbbaurecht,
das Wohnungseigentum und das Teileigentum,
das Wohnungserbbaurecht und das Teilerbbaurecht nach § 30 Abs. 1 des Wohnungseigentumsgesetzes.
5.1 Unbebaute Grundstücke
Nach § 247 Abs. 1 S. 1 BewG bestimmt sich der Grundsteuerwert unbebauter Grundstücke regelmäßig nach ihrer Fläche und den Bodenrichtwerten (Fläche x Bodenrichtwert).
Hiermit wurde also eine fortschreitend wertabhängige Komponente eingeführt, denn die Bodenrichtwerte sind auf den jeweiligen Hauptfeststellungszeitpunkt (1.1.2022, 1.1.2029 etc.) aktualisiert zu ermitteln.
5.2 Bebaute Grundstücke
Bei der Bewertung bebauter Grundstücke sind nach § 249 BewG folgende Grundstücksarten zu unterscheiden:
Einfamilienhäuser,
Zweifamilienhäuser,
Mietwohngrundstücke,
Wohnungseigentum,
Teileigentum,
Geschäftsgrundstücke,
gemischt genutzte Grundstücke und
sonstige bebaute Grundstücke.
MERKE | Es hängt von der Grundstücksart ab, ob das Ertragswert- oder Sachwertverfahren gilt. Zudem hängt die Zuordnung der jeweiligen Steuermesszahl von der Grundstücksart ab.
6. Bebaute Grundstücke im Ertragswertverfahren
Nach § 250 Abs. 2 BewG werden folgende bebaute Grundstücke im Ertragswertverfahren bewertet:
Ein- und Zweifamilienhäuser,
Mietwohngrundstücke und
Wohnungseigentum.
Beachten Sie | Nach § 251 Abs. 1 BewG darf der für das bebaute Grundstück anzusetzende Wert nicht geringer sein als 75 % des Werts, mit dem der Grund und Boden allein als unbebautes Grundstück zu bewerten wäre.
Das typisierte Ertragswertverfahren stellt sich nach den §§ 252 bis 257 BewG schematisch wie folgt dar:
Ermittlung nach dem Ertragswertverfahren
jährlicher Rohertrag (§ 254 BewG, Anlage 39 zum BewG)
./.
nicht umlagefähige Bewirtschaftungskosten (§ 255 BewG, Anlage 40 zum BewG)
abgezinster Bodenwert (§ 257 BewG, Anlage 41 zum BewG)
=
Grundsteuerwert (§ 252 BewG)
6.1 Ermittlung Rohertrag
Nach § 254 BewG ergibt sich der Rohertrag des Grundstücks aus den in Anlage 39 zum BewG in Abhängigkeit von
• Bundesland,
• Gebäudeart,
• Wohnungsgröße und
• Baujahr des Gebäudes
angegebenen monatlichen Nettokaltmieten je Quadratmeter Wohnfläche einschließlich der nach Mietniveaustufen differenzierten Zu- und Abschläge.
MERKE | Für einen Garagenstellplatz (Einzelgarage/Tiefgarage) wird die Nettokaltmiete mit einem Festwert von 35 EUR/Monat angesetzt.
Zur Berücksichtigung von Mietniveauunterschieden zwischen Gemeinden eines Landes werden die vorbezeichneten Nettokaltmieten durch Ab- oder Zuschläge (nach Teil II der Anlage 39 zum BewG) angepasst.
Es werden sechs Mietniveaustufen unterschieden:
Mietniveaustufe 1: – 22,5 %
Mietniveaustufe 2: – 10,0 %
Mietniveaustufe 3: +/ 0 %
Mietniveaustufe 4: + 10,0 %
Mietniveaustufe 5: + 20,0 %
Mietniveaustufe 6 und höher: + 32,5 %
Die gemeindebezogene Einordnung in die Mietniveaustufen ergibt sich aus der Rechtsverordnung zur Durchführung des § 254 BewG in der aktuellen Fassung.
Beispiele
Dortmund (NRW): 3
Düsseldorf (NRW): 6
Dresden (Sachsen): 3
Derzeit befindet sich ein „Grundsteuerreform-Umsetzungsgesetz“ in der Pipeline (Regierungsentwurf vom 31.3.2021). Vorgesehen sind u. a. eine Anpassung/Erhöhung der sich aus Anlage 39 zum BewG ergebenden durchschnittlichen Nettokaltmieten und die Einführung einer neuen Mietniveaustufe 7 auf der Grundlage aktueller Daten des Statistischen Bundesamtes aus dem Mikrozensus 2018. Im Vergleich zu den oben aufgeführten Mietniveaustufen ergeben sich folgende Änderungen: Stufe 1: – 20 %, Stufe 6: + 30 %, Stufe 7: + 40 %.
6.2 Bewirtschaftungskosten
Für die Verwaltung, Instandhaltung und das Mietausfallwagnis werden pauschalierte Bewirtschaftungskosten in % des Rohertrags des Grundstücks nach § 254 BewG abgezogen. Die Prozentsätze ergeben sich in Abhängigkeit von der jeweiligen Grundstücksart und der Restnutzungsdauer des Gebäudes.
Die für die Bewirtschaftungskosten zu berücksichtigende Restnutzungsdauer ist grundsätzlich der Unterschiedsbetrag zwischen der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer, die sich aus der Anlage 38 zum BewG ergibt, und dem Alter des Gebäudes am Bewertungsstichtag (§ 253 Abs. 2 S. 3 BewG).
Nach dem Regierungsentwurf soll sich die Alterswertberechnung bzw. Restnutzungsdauer nach dem Hauptfeststellungszeitpunkt richten und nicht nach dem Bewertungsstichtag.
6.3 Vervielfältiger
Der Reinertrag des Grundstücks ist mit dem sich aus Anlage 37 ergebenden Vervielfältiger zu kapitalisieren. Maßgebend für den Vervielfältiger sind der Liegenschaftszinssatz nach § 256 BewG sowie die Restnutzungsdauer des Gebäudes (§ 253 Abs. 2 S. 2 BewG). Bei der Bewertung gelten nach § 256 Abs. 1 S. 2 BewG folgende Zinssätze:
2,5 % für Ein- und Zweifamilienhäuser
3 % für Wohnungseigentum
4 % für Mietwohngrundstücke mit bis zu sechs Wohnungen
4,5 % für Mietwohngrundstücke mit mehr als sechs Wohnungen
MERKE | Bei Ein- und Zweifamilienhäusern sowie beim Wohnungseigentum sind beim Zinssatz nach § 256 Abs. 2 und Abs. 3 BewG ggf. Abschläge vorzunehmen.
7. Steuermesszahlen
Zur Ermittlung des Steuermessbetrags wird der Grundsteuerwert mit der Steuermesszahl multipliziert. Diese wird als Promillesatz angegeben und beträgt für bebaute Grundstücke grundsätzlich 0,34 ‰ (§ 15 Abs. 1 GrStG). Wegen der erhöhten Nettokaltmieten soll der Promillesatz nach dem Regierungsentwurf auf 0,31 ‰ gesenkt werden.
Für bestimmte Wohngebäude ist nach § 15 GrStG eine Ermäßigung um 25 % vorgesehen. Dies gilt z. B. für Grundstücke, für die nach dem Wohnraumförderungsgesetz eine Förderzusage erteilt wurde. Weitere Ermäßigungstatbestände sind in § 15 GrStG aufgeführt.
8. Musterfall (Einfamilienhaus)
Folgende Parameter sollen gelten:
Einfamilienhaus mit Garage in Werne, NRW, Stichtag der Bewertung: 1.1.2022
Grundstück: 506 qm
Bodenrichtwert: 190 EUR/qm
Wohnäche nach Wohnächenverordnung: 134 qm
Baujahr: 2014
Jahresrohmiete Wohnäche – Wertverhältnisse 1.1.1964: 4,10 DM/qm pro Monat
Jahresrohmiete Garage – Wertverhältnisse 1.1.1964: 25 DM pro Monat
Grundsteuerhebesatz der Stadt Werne: 665 %
Zunächst wird die Grundsteuer nach den alten Vorgaben ermittelt. Im Anschluss wird die neue Grundsteuer berechnet:
8.1 Grundsteuer (alt)
Ermittlung des Einheitswerts (1.1.1964)
Jahresrohmiete Wohnung (134 qm × 4,10 DM × 12)
6.592 DM
Jahresrohmiete Garage (Festwert 25 DM × 12)
300 DM
Gesamtjahresrohmiete
6.892 DM
Grundstückswert (Gesamtjahresrohmiete 6.892 DM × Vervielfältiger 11,8) Vervielfältiger gemäß Anlage 7 zum BewG, Gemeindegrößenklasse 4, Bauausführung A
81.325 DM
Einheitswert (gerundet auf volle 100 DM nach unten)
81.300 DM
Einheitswert in EUR lt. Einheitswertbescheid
41.568 EUR
Ermittlung des Grundsteuermessbetrags
Einheitswert
41.568,00 EUR
davon 38.346,89 EUR × Steuermesszahl 2,6 ‰
99,70 EUR
davon 3.221,11 EUR × Steuermesszahl 3,5 ‰
11,27 EUR
Summe Steuermessbetrag
110,97 EUR
Ermittlung Grundsteuer
Messbetrag 110,97 EUR × Hebesatz (665 %)
737,95 EUR
8.2 Grundsteuer (neu)
linke Spalte (1): Zahlen nach derzeitigem Rechtsstand
rechte Spalte (2): Zahlen nach den Maßgaben des Regierungsentwurfs
Ermittlung des Grundsteuerwerts
EUR/qm (1)
EUR/qm (2)
gesetzlich normierte durchschnittliche Nettokaltmiete für NRW (Anlage 39 zum BewG, Teil I)
6,03 EUR
6,88 EUR
Zu-/Abschlag für Werne nach der Mietniveaustufe 3 (0 %)
Zu-/Abschlag für Werne nach der Mietniveaustufe 2 (- 10 %)(Anlage 39 zum BewG, Teil II)
Bewirtschaftungskosten (10.116/10.374 EUR × 18 %) Restnutzungsdauer 72 Jahre bei einer Gesamtnutzungsdauer von 80 Jahren lt. Anlage 38 zum BewG
1.820 EUR
1.867 EUR
jährlicher Reinertrag
8.296 EUR
8.507 EUR
Vervielfältiger = 33,24 (Anlage 37 BewG, RND 72 Jahre und Liegenschaftszinssatz 2,5 %, keine Zinssatzanpassung, da der Bodenrichtwert 500 EUR nicht übersteigt)
FAZIT | Der Vergleich (alt: 737,95 EUR; neu: 660,21 bzw. 616,39 EUR) zeigt, dass sich wegen der herabgesetzten Steuermesszahlen nicht zwingend eine höhere Grundsteuer ergibt.
9. Bebaute Grundstücke im Sachwertverfahren
Das Sachwertverfahren ist für Geschäftsgrundstücke, gemischt genutzte Grundstücke, Teileigentum und sonstige bebaute Grundstücke maßgeblich. Im Sachwertverfahren ist der Wert der Gebäude (Gebäudesachwert) getrennt vom Bodenwert zu ermitteln (§ 258 Abs. 1 BewG). Eine schematischeÜbersicht zum typisierten (vereinfachten) Sachwertverfahren nach den §§ 258 bis 260 BewG enthält die Gesetzesbegründung (BT-Drs. 19/11085 vom 25.6.2019).
10. Die neue Grundsteuer C
Nach § 25 Abs. 5 GrStG können Gemeinden aus städtebaulichen Gründen für baureife, aber unbebaute Grundstücke einen höheren Hebesatz festlegen, wenn auf diesen keine Bebauung erfolgt (Grundsteuer C). Betroffen sind unbebaute Grundstücke, die der Grundsteuerpflicht unterliegen und innerhalb oder außerhalb eines Plangebiets trotz Baureife nicht baulich genutzt werden. Dabei sollen Hinderungsgründe zivilrechtlicher Art, die einer sofortigen Bebauung entgegenstehen, bei der Beurteilung der Baureife außer Betracht bleiben.
Beachten Sie | Die Gemeinde soll nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden, ob eine besondere Nachfrage nach Bauland besteht und welche steuerliche Belastung den Grundstückseigentümern auferlegt werden soll.
FAZIT | Das Gesamtaufkommen der Grundsteuer soll sich nach den Vorstellungen des Gesetzgebers nicht verändern. Fest steht aber, dass einige Bürger mehr und andere weniger zahlen müssen. Verlierer und Gewinner stehen aber noch nicht fest. Denn dies hängt zum einen davon ab, ob das jeweilige Bundesland von der Öffnungsklausel Gebrauch machen wird. Zudem bleibt abzuwarten, ob bzw. welche Kommunen ihre Hebesätze anpassen werden.