Verpflichtet sich eine Kapitalgesellschaft (Organgesellschaft) durch einen Gewinnabführungsvertrag ihren ganzen Gewinn an ein einziges anderes gewerbliches Unternehmen (Organträger) abzuführen, ist das Einkommen der Organgesellschaft unter gewissen Voraussetzungen dem Organträger zuzurechnen. Eine der Voraussetzungen ist, dass der Gewinnabführungsvertrag eine Mindestlaufzeit von fünf Zeitjahren hat. In diesem Zusammenhang hat das Finanzgericht Baden-Württemberg jüngst Folgendes entschieden: Erfolgt die Berichtigung des frühestmöglichen Kündigungstermins eines – wegen eines Tages – nicht auf mindestens fünf Jahre abgeschlossenen Gewinnabführungsvertrages zu einem Zeitpunkt, in dem der Fünfjahreszeitraum bereits abgelaufen ist, ist der Beschluss nicht anzuerkennen.
Im entschiedenen Fall wurde die Laufzeit des Vertrags wie folgt formuliert: „Der Vertrag beginnt rückwirkend mit dem 1. Januar 1999 und läuft unkündbar bis zum 30. Dezember 2003“. Im Zuge einer Außenprüfung beanstandete das Finanzamt, dass die Mindestlaufzeit des Gewinnabführungsvertrags keine vollen fünf Jahre betrage und die Organschaft daher steuerlich unbeachtlich sei. Um den richtigen Willen der Parteien zu dokumentieren, berichtigte der Notar mit Datum vom 7.12.2004 den Vertrag, denn nicht der 30.12.2003 sei gemeint gewesen, sondern der 31.12.2003.
Nach Auffassung des Finanzgerichts Baden-Württemberg entfaltet der Berichtigungsbeschluss wegen des steuerlichen Rückwirkungsverbots keine Wirkung. Da die Datumsberichtigung am 7.12.2004 in die Vergangenheit wirkte und der Fünfjahreszeitraum bereits abgelaufen war, greift der Berichtigungsbeschluss in einen bereits abgeschlossenen Tatbestand ein und ist steuerlich nicht anzuerkennen.
Der Grundsatz „falsa demonstratio non nocet”, nach dem ohne Rücksicht auf einen abweichenden Wortlaut das von den Vertragschließenden tatsächlich Gemeinte als Inhalt des Vertrags gilt, kann nach Meinung der Finanzrichter im Bereich der objektivierten Auslegung körperschaftlicher Vereinbarungen nicht uneingeschränkt angewendet werden.
Hinweis: Ob der Bundesfinanzhof in der Revision eine andere (steuerzahlerfreundlichere) Ansicht vertreten wird, darf zumindest bezweifelt werden (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 12.12.2011, Az. 6 K 3103/09, Rev. BFH, Az. I R 1/12).