Steuerberaterin Margit Schunke

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Werbungskostenabzug für Erststudium und Erstausbildung zulässig

Bereits im Jahr 2009 hatte der Bundesfinanzhof entgegen dem gesetzlichen Wortlaut entschieden, dass Aufwendungen für ein Erststudium als Werbungskosten absetzbar sind, wenn dem Erststudium eine abgeschlossene Berufsausbildung vorausgegangen ist. Jetzt legten die Richter nach und urteilten, dass auch die Kosten für das Erststudium im Anschluss an den Schulabschluss (Abitur) sowie für eine erstmalige Berufsausbildung Werbungskosten sind.

Zum Hintergrund

Die Finanzverwaltung interpretiert die seit 2004 geltende Regelung zur Abzugsfähigkeit von Ausbildungskosten so, dass Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung oder für ein im Anschluss an das Abitur durchgeführtes Studium nur dann als Werbungskosten abgesetzt werden können, wenn die Bildungsmaßnahme im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet. Liegt kein Dienstverhältnis vor, sind die jährlichen Kosten nur bis 4.000 EUR als Sonderausgaben abzugsfähig.

Da während eines Studiums keine – oder nur geringe – Einnahmen erzielt werden, führen Werbungskosten regelmäßig zu einem vortragsfähigen Verlust, der sich in den Jahren der Berufsausübung steuermindernd auswirkt. Sonderausgaben hingegen bleiben bei fehlenden Einkünften in demselben Jahr wirkungslos, da hier keine jahresübergreifende Verrechnung möglich ist.

Voller Abzug bei beruflichem Zusammenhang

Der Bundesfinanzhof hat der Finanzverwaltung aktuell eine Absage erteilt und entschieden, dass die Aufwendungen für eine Erstausbildung oder für ein Erststudium als vorweggenommene Werbungskosten abziehbar sind, wenn sie in einem hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhang zur späteren Berufstätigkeit stehen.

Ein hinreichend konkreter Zusammenhang ist grundsätzlich zu bejahen, wenn ein Studium oder eine Ausbildung Berufswissen vermittelt und damit auf die Erzielung von Einnahmen gerichtet ist.

Beachte: Die Finanzverwaltung wendet die eingangs erwähnte Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs aus dem Jahr 2009 an. Ob sie auch die aktuelle Rechtsprechung anerkennen wird, bleibt vorerst abzuwarten.

Praxishinweise

Der Bund der Steuerzahler rät betroffenen Studenten, die Kosten für das Erststudium in der Steuererklärung als (vorweggenommene) Werbungskosten geltend zu machen. Mögliche Verluste können dann beim späteren Berufsstart steuermindernd gegengerechnet werden.

Die Aufwendungen für das Studium können in allen noch offenen Fällen nacherklärt werden. Wer noch keine Steuererklärung abgegeben hat, kann dies für mindestens vier Jahre nachholen. Bis zum 31.12.2011 kann also noch die Steuererklärung für 2007 abgegeben werden.

Hinweis: Geltend gemacht werden können beispielsweise Kosten für Fachliteratur, Studienfahrten, Schreibmaterial, die Semestergebühren und die Fahrtkosten zur Universität (BFH-Urteile vom 28.7.2011, Az. VI R 38/10, Az. VI R 7/10; BFH-Urteile vom 18.6.2009, Az. VI R 14/07, Az. VI R 31/07; BMF-Schreiben vom 22.9.2010, Az. IV C 4 – S 2227/07/10002 :002; Bund der Steuerzahler, Mitteilung vom 17.8.2011).

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