Der Zuschlag für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte richtet sich nach der tatsächlichen Nutzung des Dienstwagens. Dieser Auffassung des Bundesfinanzhofs folgte die Finanzverwaltung zunächst nicht. Da der Bundesfinanzhof seine Rechtsprechung im letzten Jahr jedoch bestätigte, lenkte die Verwaltung nunmehr ein. Die Hintergründe und Kernaussagen des Schreibens des Bundesfinanzministeriums werden nachfolgend erläutert.
Hintergrund
Nutzt ein Arbeitnehmer seinen Dienstwagen auch für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, muss dieser geldwerte Vorteil versteuert werden. Die Besteuerung erfolgte bisher einheitlich mit 0,03 % des Listenpreises für jeden Entfernungskilometer zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Auf die tatsächliche Anzahl der Fahrten zur Arbeitsstätte kommt es bei dieser typisierten Betrachtung nicht an.
Gleich in drei Urteilen bestätigte der Bundesfinanzhof im letzten Jahr seine Rechtsauffassung aus 2008, wonach die Zuschlagsregelung lediglich einen Korrekturposten zum Werbungskostenabzug darstellt und daher nur insoweit zur Anwendung kommt, wie der Arbeitnehmer den Firmenwagen tatsächlich für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte benutzt hat.
Wenn der Dienstwagen für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte an weniger als 180 Tagen im Jahr genutzt wurde, führt die Rechtsprechung zu einem geringeren geldwerten Vorteil. Die 0,03 %-Regelung geht nämlich von der typisierenden Annahme aus, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsstätte an 15 Tagen im Monat bzw. an 180 Tagen im Kalenderjahr aufsucht. Bei weniger Fahrten ist eine Einzelbewertung der tatsächlichen Fahrten mit 0,002 % des Listenpreises je Entfernungskilometer günstiger.
Beispiel
Arbeitnehmer A nutzt seinen Dienstwagen an 12 Tagen im Monat für seine Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte. Die Entfernung beträgt 30 Kilometer, der Bruttolistenpreis des Fahrzeugs 20.000 EUR.
Nach der 0,03 %-Regelung beträgt der monatliche geldwerte Vorteil 180 EUR (20.000 EUR x 30 km x 0,03 %).
Erfolgt hingegen eine Einzelbewertung, so ergibt sich ein monatlicher geldwerter Vorteil von 144 EUR (20.000 EUR x 30 km x 12 Fahrten x 0,002 %).
Fazit: Durch die Einzelbewertung muss A jeden Monat einen um 36 EUR geringeren geldwerten Vorteil versteuern.
Anwendung der Rechtsprechung bis 2010
Nach dem aktuellen Schreiben des Bundesfinanzministeriums ist die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs für die Veranlagungszeiträume bis einschließlich 2010 in allen offenen Fällen im Veranlagungsverfahren anwendbar. Der bis einschließlich 2010 vorgenommene Lohnsteuerabzug ist jedoch nicht zu ändern. Das bedeutet, dass die Lohnabrechnungen zwar nicht mehr korrigiert werden, der Arbeitnehmer aber die Option hat, die günstigere Rechtslage im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung zu nutzen.
Lohnsteuerabzug
Ab 2011 ist die neue Rechtsprechung auch im Lohnsteuerabzugsverfahren anwendbar. Der Arbeitgeber ist jedoch nicht dazu verpflichtet, die Einzelbewertung bzw. die taggenaue Methode anzuwenden. Der Arbeitgeber muss die Berechnungssystematik vielmehr in Abstimmung mit dem Arbeitnehmer festlegen. Die Entscheidung muss für jedes Kalenderjahr einheitlich für alle dem Arbeitnehmer überlassenen Dienstwagen erfolgen.
Während des Kalenderjahres darf die Methode nicht gewechselt werden. Eine Ausnahme gilt für den Lohnsteuerabzug in 2011. Wurde bisher die 0,03 %-Regelung angewandt, kann während des Kalenderjahres 2011 zur Einzelbewertung gewechselt werden. Ein erneuter Wechsel ist aber auch hier ausgeschlossen.
Die taggenaue Berechnung im Lohnsteuerabzugsverfahren ist an folgende Voraussetzungen geknüpft:
- Der Arbeitnehmer muss gegenüber dem Arbeitgeber kalendermonatlich schriftlich erklären, an welchen Tagen (mit Datumsangabe) er den Dienstwagen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt hat.
- Der Arbeitgeber muss die Erklärungen als Belege zum Lohnkonto aufbewahren.
- Werden mehrere Fahrzeuge überlassen, ist eine fahrzeugbezogene Ermittlung vorzunehmen.
Die Finanzverwaltung beanstandet es nicht, wenn für den Lohnsteuerabzug jeweils die Erklärung des Vormonats zugrunde gelegt wird.
Beachte: Wird im Lohnsteuerabzugsverfahren die taggenaue Methode angewendet, muss der Arbeitgeber eine jahresbezogene Begrenzung auf 180 Fahrten vornehmen. Eine monatliche Begrenzung auf 15 Fahrten ist ausgeschlossen. Diese Begrenzung bewirkt, dass der jährliche Lohnsteuerabzug aufgrund der taggenauen Methode nicht höher sein kann als bei Anwendung der typisierten 0,03 %-Regelung.
Beispiel
Arbeitnehmer A hat sich mit seinem Arbeitgeber auf die Einzelbewertung verständigt. In den Monaten Januar bis Juni nutzt er den Dienstwagen an jeweils 12 Tagen für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Im Zeitraum Juli bis Dezember fährt er jeweils 19 Mal zur Arbeit.
Im gesamten Jahr nutzt A den Dienstwagen somit an 186 Tagen (12 x 6 + 19 x 6) für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Durch die Begrenzung auf 180 Fahrten pro Jahr, muss der Arbeitgeber im Dezember nicht 19 Fahrten, sondern lediglich 13 Fahren zugrunde legen (12 x 6 + 19 x 5 + 13 = 180).
Veranlagung
Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer ist der Arbeitnehmer nicht an die bei der Erhebung der Lohnsteuer gewählte Methode gebunden.
Hat der Arbeitgeber den geldwerten Vorteil z.B. aus Gründen der Arbeitserleichterung nach der 0,03 %-Regelung ermittelt, kann der Arbeitnehmer bei der Erstellung seiner Einkommensteuerklärung die Einzelbewertung wählen. Diese Methode muss er aber einheitlich für alle ihm überlassenen Dienstfahrzeuge für das gesamte Kalenderjahr anwenden.
Darüber hinaus muss er darlegen, an welchen Tagen (mit Datumsangabe) der Dienstwagen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt wurde. Ferner ist die Anwendung der 0,03 %-Regelung durch den Arbeitgeber und die Höhe des Zuschlags durch geeignete Belege (z.B. Gehaltsabrechnung, Bescheinigung des Arbeitgebers) nachzuweisen (BMF-Schreiben vom 1.4.2011, Az. IV C 5 – S 2334/08/10010; BFH-Urteile vom 22.9.2010, Az. VI R 54/09, Az. VI R 55/09, Az. VI R 57/09).