Bei einem teilweise unternehmerisch und teilweise privat genutzten Gebäude können Unternehmer das Gebäude insgesamt dem Unternehmen zuordnen und die Vorsteuer voll abziehen (sogenanntes Seeling-Modell). Dieses Wahlrecht besteht aber nicht für einen Anbau, sofern das bisherige Gebäude zuvor nur anteilig dem Unternehmensvermögen zugeordnet worden ist.
Die Zuordnung eines Gegenstands zum Unternehmen erfordert eine Entscheidung des Unternehmers bei dessen Anschaffung, Herstellung oder Einlage. Dabei ist eine nachträglich mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt des Leistungsbezugs getroffene Zuordnung ebenso wenig zulässig wie eine nachträgliche Änderung des einmal gewählten Aufteilungsmaßstabes für die Vorsteuer.
Wurden also nur die unternehmerisch genutzten Gebäudeteile dem Unternehmensvermögen zugeordnet, ist diese Entscheidung für das Wirtschaftsgut bindend. Für einen anschließend errichteten Anbau, der mit dem Gebäude bautechnisch verbunden ist, kann somit keine abweichende Zuordnung erfolgen. Dementsprechend können Vorsteuern auch nur für die unternehmerisch genutzten Gebäudeteile geltend gemacht werden.
Anders sieht es hingegen aus, wenn es sich bei dem Anbau nicht um einen Bestandteil des bisher schon vorhandenen Altbaus, sondern um einen selbstständigen Gegenstand handeln würde. In diesem Fall hängt die Zuordnung nicht von der vorher ausgeübten Wahl ab und der Anbau kann dem Unternehmen vollständig zugeordnet werden.
Geplante Gesetzesänderung
Nach dem Entwurf des Jahressteuergesetzes 2010 soll der Vorsteuerabzug für gemischt genutzte Grundstücke ab 2011 auf die unternehmerische Verwendung beschränkt werden. Der volle Vorsteuerabzug und die unentgeltliche Wertabgabe für die Privatnutzung scheiden folglich aus.
Geplant ist ein Bestandsschutz, wonach die derzeitige Regelung noch für Objekte gelten soll, bei denen im Erwerbsfall der Kaufvertrag vor dem 1.1.2011 abgeschlossen oder in Errichtungsfällen vor dem 1.1.2011 mit der Herstellung begonnen wurde. Bei baugenehmigungspflichtigen Objekten gilt insofern der Zeitpunkt der Bauantragstellung. Bei baugenehmigungsfreien, aber meldepflichtigen Objekten ist der Zeitpunkt der Einreichung der Bauunterlagen maßgebend.
Um von dem Zins- und Liquiditätsvorteil des Seeling-Modells profitieren zu können, sollten Investitionen daher nach Möglichkeit vorgezogen werden (FG Niedersachsen, Urteil vom 10.5.2010, Az. 16 K 11384/08).