Steuerpflichtige können grundsätzlich auch dann die getrennte Veranlagung wählen, wenn der Lohnsteuerabzug nach den Steuerklassen III und V durchgeführt wurde. Dies hat das Finanzgericht Münster aktuell entschieden.
Im Streitfall wurde der Lohnsteuerabzug der verheirateten Steuerpflichtigen nach den von ihnen vor etwa 20 Jahren gewählten Lohnsteuerklassen III und V vorgenommen. Nachdem über das Vermögen des Ehemanns das Insolvenzverfahren eröffnet worden war, beantragten sie mit Abgabe ihrer Einkommensteuererklärung eine getrennte Veranlagung. Das Finanzamt hielt dies für eine rechtsmissbräuchliche Gestaltung und führte eine Zusammenveranlagung durch. Eine getrennte Veranlagung sei, so das Finanzamt, nur deshalb gewählt worden, da die hieraus folgende Einkommensteuer-Nachzahlungsverpflichtung des Ehemanns wegen dessen Insolvenz nicht durchsetzbar sei. Hiergegen klagte das Ehepaar und erhielt vor dem Finanzgericht Münster Recht.
Die Wahl der Lohnsteuerklassenkombination III und V geht zwar von einer Zusammenveranlagung aus, schließt eine getrennte Veranlagung aber nicht aus, so das Finanzgericht.
Außersteuerliche Gründe für die Wahl der getrennten Veranlagung
Einen Gestaltungsmissbrauch sahen die Richter vorliegend nicht. Zwar war die getrennte Veranlagung insbesondere deshalb sinnvoll, weil die gegenüber dem Ehemann festgesetzte Einkommensteuer wegen des Insolvenzverfahrens nicht beizutreiben war. Das Finanzgericht sah aber auch außersteuerliche Gründe für die Wahl der getrennten Veranlagung. Vor dem Hintergrund, dass die Ehefrau im Streitjahr drei minderjährige Kinder zu versorgen hatte, war es für das Finanzgericht nachvollziehbar, dass sie ihre Vermögensverhältnisse von denen ihres insolventen Ehemannes getrennt wissen wollte.
Hinweis: Auch aus einem Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg ergibt sich nach Ansicht des Finanzgerichts Münster nichts Gegenteiliges. Dort hatte das Gericht einen Antrag auf getrennte Veranlagung der Ehefrau nach der Eröffnung eines Nachlasskonkursverfahrens über das Vermögen ihres verstorbenen Ehemannes als Gestaltungsmissbrauch angesehen. Der Sachverhalt ist, so das Finanzgericht Münster, nicht vergleichbar, weil dort zunächst Zusammenveranlagungen beantragt und durchgeführt wurden und die Ehefrau sodann Anträge auf getrennte Veranlagungen stellte. Insofern wurden von der Ehefrau Wahlrechte wiederholt und widersprüchlich ausgeübt.
Weiterführende Hinweise
Ab dem Veranlagungszeitraum 2013 wird das Veranlagungswahlrecht für Eheleute vereinfacht, sodass u.a. die getrennte Veranlagung entfällt.
Wählt einer der Ehegatten zukünftig die Einzelveranlagung, bemisst sich die Steuer – wie bei der getrennten Veranlagung – nach der Grundtabelle. Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen und Steuerermäßigungen werden dem Ehegatten zugerechnet, der die Aufwendungen wirtschaftlich getragen hat. Auf gemeinsamen Antrag der Eheleute ist auch eine hälftige Zurechnung der Aufwendungen möglich (FG Münster, Urteil vom 4.10.2012, Az. 6 K 3016/10 E; FG Baden-Württemberg, Urteil vom 6.5.2010, Az. 3 K 839/09, Rev. BFH, Az. III R 40/10).