Auffälligkeiten beim sogenannten Chi-Quadrat-Test berechtigen nicht zur Schätzung eines höheren Umsatzes, wenn keine weiteren Mängel der Buchführung gegeben sind. Dies hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz in einem mittlerweile rechtskräftigen Urteil entschieden.
Zum Hintergrund
Bei dem Chi-Quadrat-Test handelt es sich um ein statistisch-mathematisches Verfahren, bei dem empirisch beobachtete mit theoretisch erwarteten Häufigkeiten verglichen werden. Mit dieser Methode wird unterstellt, dass der prozentuale Anteil aller Zahlen von 0 bis 9 ungefähr gleich groß sein muss. Da jeder Mensch unbewusst Vorlieben für diverse Zahlen hat, wird ein Unternehmer, der seine Zahlen manipulieren will, genau diese „Lieblingszahlen“ häufiger verwenden.
Der entschiedene Fall
Im Streitfall fand in einem Friseursalon eine Betriebsprüfung statt. Der Prüfer bemängelte, dass die Kassenbücher in Form von Excel-Tabellen geführt worden waren, sodass die gesetzlich geforderte Unveränderbarkeit der Kassenbucheintragungen nicht gewährleistet sei. Der Chi-Quadrat-Test ergab eine 100 %-ige Manipulationswahrscheinlichkeit. Dem Prüfer folgend erhöhte das Finanzamt die erklärten Umsatzerlöse um jährlich 3.000 EUR. Die hiergegen erhobene Klage hatte vor dem Finanzgericht Rheinland-Pfalz schließlich Erfolg.
Die Richter führten u.a. aus, dass es nicht Sache des Steuerpflichtigen ist, darzulegen, dass das Kassenprogramm Manipulationen und Änderungen nicht zulässt. Der Nachweis einer Manipulationsmöglichkeit obliegt vielmehr dem Finanzamt – und dieser Nachweis wurde vorliegend nicht erbracht. Der Chi-Quadrat-Test allein ist jedenfalls nicht geeignet, Beweise dafür zu erbringen, dass die Buchführung nicht ordnungsgemäß ist.
Darüber hinaus ist der Chi-Quadrat-Test bei einem Friseursalon, bei dem für die Leistungen ausschließlich volle bzw. halbe EUR-Beträge berechnet werden, eher ungeeignet. Ausgehend von der Preisliste des Friseursalons ergab sich, dass die Zahlen 0, 1, 4 und 5 naturgemäß überdimensional häufig auftreten müssen (beispielsweise Föhnfrisur: 15 EUR; Färben: 25 EUR bzw. 46,50 EUR).
Hinweis: Bereits das Finanzgericht Köln hatte in 2009 entschieden, dass das Ergebnis eines Zeitreihenvergleichs nicht geeignet ist, die Beweiskraft einer formell ordnungsgemäßen Buchführung zu verwerfen (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 24.8.2011, Az. 2 K 1277/10; FG Köln, Urteil vom 27.1.2009, Az. 6 K 3954/07).